Dietrich ZawischaKontakt English version

Die Farben von Pflanzen und Tieren

Die Farben von Pflanzen und Tieren können auf zwei ganz unterschiedliche Arten entstehen. Einerseits durch Farbstoffe oder Pigmente, andrerseits durch besondere Strukturen, die das Licht selektiv reflektieren, meist in Verbindung mit schwarzem Pigment zur Absorption dessen, was nicht reflektiert wird.

Hier soll ein Überblick gegeben werden, wie Farbe erzeugt wird, ohne auf Einzelheiten einzugehen. Von Farbstoffen werden meist nur die Namen genannt, die dazugehörigen Strukturformeln kann man unter den als Quellen angegebenen Links oder in der Wikipedia finden. Im Internet kann man auch herausfinden, wo man die Substanzen kaufen kann, wenn man erst einmal den Namen kennt. Der Frage, warum diese Stoffe farbig sind, wurde ein eigenes Kapitel Farbstoffe gewidmet. Details über Strukturfarben sind in den Abschnitten über Schillerfarben und über Streuung zu finden.

Literatur: Links zu Originalarbeiten und zu ergänzendem Material (Bilder) werden im Text gegeben; Sekundärliteratur und Links auf herunterladbare PDF-Dateien sind numeriert und am Ende dieses Artikels zu finden.

In der Biologie und besonders in der englischsprachigen Literatur wird häufig der Begriff Pigment ganz allgemein für färbende Substanzen verwendet; hier, wo es ausschließlich um Lebewesen geht, wird der Ausdruck auch in diesem verallgemeinerten Sinn verwendet.

Pflanzen

Bei Pflanzen findet man fast nur Färbung durch Farbstoffe, Strukturfarben sind äußerst selten.


Tropaeolum majus
Kapuzinerkresse
Tropaeolum majus L.
Wegwarte
Wegwarte
Cichorium intybus L.

"Grün ist Leben" – das Blattgrün ermöglicht den Pflanzen die Nutzung des Sonnenlichtes als Energiequelle für die Assimilation, also zum Aufbau von Zucker, Stärke, Zellulose aus Wasser und Kohlendioxid. Chlorophyll kann kurzwelliges (blaues) und langwelliges (rotes) Licht aufnehmen und daraus chemische Energie gewinnen; Licht mittlerer Wellenlängen (grün) wird remittiert (zurückgeworfen). Neben Chlorophyll enthalten grüne Blätter auch noch gelbe Farbstoffe, nämlich Carotinoide und Xanthophylle ("Blattgelb"), vielfach auch noch roten Farbstoff (als Schutz vor Ultraviolettstrahlung). Die grüne Farbe der Blätter ist also durch die Notwendigkeit der Assimilation bedingt und hat nicht die Aufgabe, Tiere anzulocken, ebensowenig die anderen Blattfarbstoffe, die in der Herbstfärbung sichtbar werden.

Im Gegensatz dazu hat die Farbe von Blüten und reifen Früchten genau diesen Zweck. Durch bunte Farbe werden Blüten weithin sichtbar und locken so Tiere an, die die Pollen von einer Blüte zur anderen tragen sollen und dafür mit süßem Nektar auch belohnt werden. Reife Früchte belohnen die, die sie fressen, dafür, dass sie die Samen verbreiten.


Wie kann eine Pflanze erreichen, dass ihre Blüten auffallen?

Den geringsten Aufwand erfordert eine weiße Blüte. Die Blütenblätter enthalten kein Chlorophyll und keinen anderen Farbstoff. Die weiße Farbe kommt zustande wie bei Seifenschaum: wasserhaltiges durchsichtiges Gewebe wechselt sich mit Lufteinschlüssen ab; an den Grenzflächen wird das Licht gebrochen und teilweise reflektiert, dies geschieht so oft, dass schließlich der größte Teil des auftreffenden Lichtes zurückgeworfen wird, und zwar unabhängig von der Wellenlänge und nahezu gleichmäßig in alle Richtungen: Weiß. Seerose
Weiße Seerose
Nymphaea alba L.

Für auffällige Farben erzeugen die Pflanzen Farbstoffe in den Blüten oder Früchten. Diese absorbieren in Abhängigkeit von der Wellenlänge des Lichts verschieden stark; die ungleichmäßige Intensitätsverteilung im remittierten Licht nehmen wir als Farbe wahr. Wichtig ist auch in diesem Fall die vielfache Streuung und Reflexion an den Zellstrukturen und Lufteinschlüssen, damit das auftreffende Licht zurückgeworfen wird.


Als Farbe von Blüten und Früchten kommen nur wenige Typen von chemischen Verbindungen vor. Die Vielfalt ergibt sich daraus, dass an dem Grundgerüst des Farbstoffmoleküls an verschiedenen Stellen H- Atome durch OH-, oder auch OCH3-Gruppen ersetzt werden können. Auch Komplexbildung mit Metallionen (z.B. Fe3+, Al3+) beeinflusst die Farbe. Selten tritt nur ein einziger Farbstoff allein auf, meist liegen Gemische aus mehreren vor.

In den folgenden Tabellen werden nur die häufigeren Farbstoffe der jeweiligen Gruppe angegeben und dazu einige Beispiele für ihr Vorkommen. Quellen: [1], [2], [3].

Flavonoide

Die Flavonoide sind eine große Gruppe von Pflanzeninhaltsstoffen, darunter befinden sich zahlreiche, meist gelbe Farbstoffe (lat. flavus = gelb).
Apigenin Löwenmaul, Kamille u. gelbe Dahlien
Luteolin Reseda, Färberginster, Färberwau, Gelber Fingerhut, Dahlien, Petersilie ...
Kämpferol Faulbaumbeeren, Rittersporn, Schlehen
Quercetin Ringelblume, Goldlack- u. Stiefmütterchenblüten u.v.a. Pflanzen, Apfel, Birne, Aprikose, Kirsche, Johannisbeere ...
Morin Gelbholzextrakt aus dem Färbermaulbeerbaum
Robinetin Robinien
Gossypetin Baumwolle, Hibiscus
Myricetin Schwarze Johannisbeeren, Kartoffelblüten, Hamamelis
Genista tinctoria L.
Färberginster
Genista tinctoria L.

Strukturformel Flavon Strukturformel Luteolin
FlavonLuteolinCyanidin
Zur Deutung von Strukturformeln: Die Hauptbestandteile organischer Substanzen sind Kohlenstoff und Wasserstoff. Die Linien symbolisieren die chemischen kovalenten Bindungen, jede Linie repräsentiert also ein Paar von bindenden Elektronen. Doppellinien stehen für Doppelbindungen. Die Kohlenstoff-Atomrümpfe selbst werden der Übersichtlichkeit halber nicht eingezeichnet; an jedem Knick- oder Endpunkt der Linien befindet sich ein Kohlenstoffatom, wenn nicht ein Symbol für ein anderes Element eingezeichnet ist. Die an die Kohlenstoffatome gebundenen Wasserstoffatome werden (samt Bindungselektronen) ebenfalls nicht gezeichnet. Kohlenstoff tritt immer vierwertig auf; gehen von einem (Kohlenstoff-) Punkt weniger als vier Linien aus, so muss man sich statt der fehlenden Linien angebundene Wasserstoffatome denken. Eine frei endende Linie steht also für eine CH3-Gruppe.

Anthocyane

Die Anthocyane sind in ihrem Aufbau den Flavonoiden sehr ähnlich; man kann sie als Teilmenge der Flavonoide auffassen, aber sie sind blau, violett, purpur oder rot, je nach den weiteren "Anhängseln".
Sie sind wasserlöslich, in Blüten, Früchten (Obst) und Blättern (Gemüse) weit verbreitet. Wegen ihrer geringen Lichtbeständigkeit als Mal- oder Textilfarben nicht geeignet; finden als Lebensmittelfarben Verwendung. Die Farbe hängt vom pH-Wert ab, die Farbstoffe lassen sich daher als Säure–Base Indikatoren verwenden [4].
Chemisch betrachtet sind die Anthocyane Glykoside; der Zucker – i.a. ein Disaccharid – lässt sich von dem eigentlichen Chromophor, dem Anthocyanidin, mit verdünnten Säuren oder enzymatisch abspalten. Die Verwandtschaft der Glykoside zu ihren Aglykonen drückt sich häufig im Namen aus: erstere enden meist auf -in, letztere entsprechend auf -idin; Beispiel: Päonin: Päonidin [2].
Cyanidin Kornblumen, Klatschmohn, rote Rosen, Kirschen, Rotkohl
Delphinidin Rittersporn, Eisenhut, Glockenblumen, Lein, Stiefmütterchen, Lavendel, Wicken
Pelargonidin Pelargonien, Johannisbeeren, Kapuzinerkresse, orange Dahlien
PäonidinPfingstrosen
PetunidinPetunien
Malvidin Malven, Stockrosen, blaue Weintrauben

Blüte vom Klatschmohn
Papaver rhoeas L.

Kornblumenblüten
Centaurea cyanus L.


Betalaine

Blüten- und Frucht-Farbstoffe der Centrospermen (dazu gehören die Nelkengewächse, Kermesbeeren-, Portulak- und Gänsefußgewächse), sowie der Huthaut des Fliegenpilzes (Amanita muscaria). Zu den Betalainen gehören die rotvioletten Betacyane aus Roten Rüben (Beta vulgaris var. conditiva, ein Gänsefußgewächs) und die gelben Betaxanthine aus Kakteen.

Rote Bete aus dem Glas
Rote Bete aus dem Glas

Strukturformel Betanin

Betanin, der Rote-Rüben-Farbstoff

Rauhe Nelke,
Dianthus armeria L.

Asiatische Kermesbeere
Phytolacca acinosa

Carotinoide

Von Carotin abgeleitete Bezeichnung für Kohlenwasserstoffe (Carotine) und Sauerstoff-haltige Derivate (Xanthophylle) zumeist gelb, orange, rot; fettlöslich
α-, β-CarotinMöhre, Karotte, gelbe und orange Früchte, grüne Blätter
Luteingrüne Blätter (Grünkohl, Spinat, ...), Tagetesblüten
Capsanthin Paprika
Capsorubin Paprika
Canthaxanthin Pfifferlinge, Krabben, Flamingofedern
CryptoxanthinOrangen
Zeaxanthin Paprika, Judenkirsche, grüne Blätter
CrocetinSafran
Lycopin Tomate, Hagebutte, Ringelblume

Judenkirsche
Physalis alkekengi L.
     
Strukturformel von β-Carotin (Provitamin A). Carotin besteht nur aus Kohlenstoff und Wasserstoff.

Strukturfarben

Sie sind selten, aber es gibt sie, z.B. beim Pfauen-Moosfarn Selaginella willdenowii aus Malaysia, der blau schimmert.

In dem Buch von Kinoshita [6] sind noch weitere Beispiele angegeben: Diplazium tomentosum, Lindsaea lucida, Trichomanes elegans, Begonia pavonina, Phyllagathis rotundifolia, Elaeocarpus angustifolius . . . Fast alle kann man in einer Sammlung von Fotos schillernder Pflanzen bei Flickr finden.

Angeblich übertreffen die Beeren von Polia condensata aus Afrika alles bisher beschriebene biologische Material (Vignolini et al. 2012), (Bilder).

Pfauen-Moosfarn
Pfauen-Moosfarn Selaginella willdenowii,
Foto: Scott Zona, Quelle: Wikimedia Commons, Lizenz CC BY 2.0
Die Strukturen, die das Irisieren hervorrufen, sind sehr ähnlich denen, die man bei schillernden Käfern findet, nämlich entweder Schichten mit abwechselnd großer und kleiner optischer Dichte (Brechungsindex) oder schichtweise schraubige Anordnung der Zellulosefasern, siehe "Käfer".

Tiere

Im Tierreich ist die Fähigkeit, Farbstoffe zu synthetisieren, weniger entwickelt als bei Pflanzen. Dafür aber findet man, insbesondere bei Vögeln und Insekten, Strukturfarben, die die Palette der Pigmentfarben ergänzen.

Weiß

Die weiße Farbe von Vogelfedern und von Fellen kommt einfach durch das Fehlen von Farbstoffen und Pigmenten zustande. Die Substanz, aus der Federn und Säugetierhaare bestehen, Keratin, ist farblos transparent. Die Feinstruktur der Federn und winzige Lufteinschlüsse in weißen Haaren sorgen für die vielfache Streuung und Reflexion des Lichtes, die dem Eindruck "Weiß" zugrunde liegt.

Weiße Insekten sorgen durch spezielle Nanostrukturen für die vielfache Streuung, so dass auch sehr dünne Schichten schon fast alles Licht remittieren, etwa am Flügel des Kleinen Kohlweißlings (Stavenga et al. 2004). Das Rasterelektronenmikroskop zeigt zwischen den Längsrippen und feineren Querrippen der Flügelschuppen zahlreiche längliche Perlen (etwa 0.5 μm lang und 0.15 μm dick) in unregelmäßiger Anordnung. Oder an den Schuppen von weißen Käfern (Vukusic et al. 2007 [5])

Man kann auch dieses Weiß zu den Strukturfarben zählen, allerdings sind ähnliche Strukturen auch bei durch Farbstoffe erzeugten bunten Farben für die Remission des Lichtes wichtig.

Melanine

Die im Tierreich am weitesten verbreiteten Farbstoffe sind die Melanine. Die Felle der Säugetiere, die Federn der Vögel, die Chitinpanzer vieler Insekten und die schwarzen Partien auf Schmetterlingsflügeln sind durch Melanine gefärbt.

Auch der menschliche Körper kann Melanine bilden, worauf Haarfarbe und Sonnenbräune zurückzuführen sind. Man unterscheidet zwischen Eumelanin, dunkelbraun bis schwarz, und Phäomelanin, das gelblich, rötlich bis rotbraun färbt, und deren Konzentration und Mischungsverhältnis Haarfarbe und Teint bestimmen [7].

Unter den Insekten fallen die Schmetterlinge durch ihre Farben auf. Schwarz, Braun, Rot, Orange, Gelb und Weiß können durch Farbstoffe oder Pigmente in den Schüppchen auf den Flügeln erzeugt werden. Blau und Grün auf Schmetterlingsflügeln sind fast immer Strukturfarben, die ohne bunte Pigmente zustandekommen.

Die folgende Information über Flügelfarben von Schmetterlingen stammen zun großen Teil aus dem Artikel "Coloration: Patterns and Morphogenesis" von H. Frederik Nijhout [8]. Dort sind auch Angaben zur Chemie der hier nur beim Namen genannten Farbstoffe zu finden.

Pterine

Die Pigmente in den Flügeln der Pieridae (Weißlinge, Gelblinge) wurden gegen Ende des 19. Jahrhunderts chemisch untersucht: F. Gowland Hopkins, 1895 [9].


Großer Kohlweißling Zitronenfalter Aurorafalter
Großer Kohlweißling
Pieris brassicae ♀
Zitronenfalter
Gonepteryx rhamni ♂
Aurorafalter
Anthocharis cardamines ♂

Gowland Hopkins fand, dass die dunklen Farben (Schwarz, Braun) durch fest an das Chitin der Schuppen gebundene Farbstoffe hervorgerufen werden, während die hellen, also Weiß, Gelb, Orange, als pulverähnliche Masse in den Schuppen liegen. Aus der chemischen Analyse schloss er, dass das weiße Pigment nichts anderes als Harnsäure sei, und die gelb bis orangefarbenen Pigmente seien Derivate der Harnsäure.

Später stellte sich heraus, dass es nicht Harnsäure und ihre Derivate waren, die Gowland Hopkins isoliert und untersucht hatte, sondern neue, damals noch unbekannte Verbindungen, die heute als Pterine bezeichnet werden und Derivate des Pteridins sind. (Die Namen leiten sich vom Erstnachweis in Schmetterlingsflügeln ab; griechisch pteron = Flügel.) Leukopterin ist das weiße, Xanthopterin das gelbe Pigment (Simon et al. 1963, Pfeiler 1970 [10]).

Leukopterin absorbiert übrigens im Ultravioletten ( Morehouse et al. 2007). Für uns sind die Kohlweißlinge weiß, aber Vögel, Bienen und die Kohlweißlinge selbst sehen das anders und bemerken den Unterschied zum Weiß einer Blüte, die das UV auch reflektiert.

Papiliochrome

Eine Gruppe von blassgelben Pigmenten, die bei den Papilionidae vorkommen, deren bekanntester Vertreter hierzulande der Schwalbenschwanz ist.

Papilio machaon
Schwalbenschwanz
Papilio machaon

Ommatine

Braun, Rot, Orange, Gelb, Gelbbraun entstehen durch Farbstoffe aus der Gruppe der Ommatine (Ommochrome, "Augenfarbstoffe" von Insekten). Xanthommatin (gelb, braun), Rhodommatin (rot).


Admiral Kleiner Fuchs Großes Ochsenauge
Admiral
Vanessa atalanta
Kleiner Fuchs
Aglais urticae
Großes Ochsenauge
Maniola jurtina ♀

Flavonoide

Flavonoide sind Pflanzenfarbstoffe, die von den Lepidopteren nicht synthetisiert werden können, die aber mit der Nahrung der Raupe aufgenommen werden. In fast allen Familien der Tagfalter (Papilionoidea) wurden weiße und gelbe Flavonoide nachgewiesen.

Carotinoide

Die Carotinoide der Tiere sind meist Umwandlungsprodukte von pflanzlichen Nahrungs-Carotinoiden. Sie sind z.B. verantwortlich für die gelbe bis rote Farbe vieler Vogelfedern (z.B. Flamingos), von Marienkäfer, Kartoffelkäfer ... und vielen anderen Insekten (Britton et al. 1977), sowie für das Rot des Panzers von Krebstieren (Astaxanthin) [1].
Carotinoide wurden in Flügelfarben der Schmetterlinge jedoch noch nicht nachgewiesen.
Marienkäfer
7-Punkt-Marienkäfer
Coccinella septempunctata
22-Punkt-Mariendkäfer
22-Punkt-Mariendkäfer
Psyllobora 22-punctata
 

Gallenfarbstoffe

Farbstoffe, die beim Abbau von Hämoglobin entstehen, hat man zuerst in der Galle gefunden (Bilirubin, Biliverdin; lat. bilis = Galle). Chemisch verwandte Farbstoffe heißen daher Gallenfarbstoffe, auch wenn sie in keinem Zusammenhang mit Galle stehen.

Die seltenen grünen Farbstoffe aus Schmetterlingsflügeln (Geometridae, Sphingidae, Papilionidae) werden den Gallenfarbstoffen zugerechnet [8].

Himmelblaue Färbung durch einen Gallenfarbstoff wurde bei der neotropischen Gattung Nessaea (Nymphalidae) festgestellt [11], laut [8].

Chlorissa cloraria
Waldheiden-Grünspanner
Chlorissa cloraria
 

Grün

Angeblich geht die Grünfärbung vieler Insekten auf die Übernahme von Chlorophyll aus pflanzlicher Nahrung zurück. Das kann man immer wieder lesen, aber ob es mehr als eine Vermutung ist, bzw. für welche Insekten es zutrifft, weiß ich nicht. Originalarbeiten, die das bestätigen, habe ich noch nicht gefunden. Dagegen ist bei Saito and Shimoda (1997) [12] zu lesen: Caterpillars are often green in body color [...] A green coloration has also been observed in the hemolymph and integument of various insects. The green color results from a combination of a blue pigment, biliverdin, and yellow pigments, carotenoids. [Raupen sind oft grün ... Grünfärbung wurde auch in der Hämolymphe und Haut von verschiedenen Insekten beobachtet. Die grüne Farbe entsteht durch eine Kombination eines blauen Farbstoffs, Biliverdin, mit gelben Carotinoiden.]

Aus Raupen vom Großen Kohlweißling, Pieris brassicae, wurde der blaue Farbstoff Pterobilin isoliert (W. Rüdiger et al. 1968). Dieser Farbstoff wurde zuerst in den Flügeln von P. brassicae nachgewiesen (Wieland & Tartter 1940). ("Bei der Verarbeitung der Flügelpigmente von rund 1 Million Kohlweißlingen [...] konnte der interessante Farbstoff in einer Menge von 200 mg isoliert und näher charakterisiert werden.") Er gehört zur Verwandtschaft der Gallenfarbstoffe und dürfte die grünliche Farbe von Zitronenfalter-Weibchen bewirken (meine Vermutung).

In den Raupen des Tabakschwärmers Manduca sexta hat man als Ursache der Grünfärbung Insecticyanin, einen blauen Farbstoff (ein Biliprotein) gefunden, das zusammen mit einem gelben Carotinoid vorhanden ist (Kawooya et al. 1985), ebenso in Raupen des Windenschwärmers Agrius convolvuli [12]. Auch in Raupen von Rhodinia fugax (aus der Familie der Saturniidae – Pfauenspinner), deren Oberseite hellgrün, die Unterseite dunkelgrün ist, wurden blaue Biliproteine nachgewiesen (Hitoshi Saito 2001). In den Fällen, wo es untersucht wurde, ist das Grün also nicht auf Chlorophyll zurückzuführen.


Hypena proboscidalis
Raupe der Nessel-Schnabeleule
Hypena proboscidalis
Blattwespenlarve
Blattwespenlarve
Schildkäfer
Distel-Schildkäfer
Cassida rubiginosa
 
Tettigonia viridissima
Grünes Heupferd
Tettigonia viridissima
Florfliege
Florfliege
Chrysopinae sp.
Palomena prasina
Grüne Stinkwanze
Palomena prasina
Auch bei der Florfliege Chrysopa carnea wurde Biliverdin (und Xanthommatin) nachgewiesen (Rüdiger et al. 1970), Biliverdin bei der Wanderheuschrecke Locusta migratoria und der Gottesanbeterin Mantis religiosa (M. Passama-Vuillaume). In Anbetracht der ähnlichen Strukturen des roten Blutfarbstoffes und des Blattgrüns ist es naheliegend, dass Biliverdin und andere Gallenfatbstoffe auch beim Abbau von Chlorophyll entstehen.

Strukturfarben

Die grüne Farbe von Schmetterlingen und Käfern wird meist, die blaue wird fast immer ohne bunte Farbstoffe oder Pigmente erzeugt. Besondere Strukturen der Schuppen auf den Schmetterlingsflügeln sorgen dafür, dass gewisse Wellenlängenbereiche des Lichts stark reflektiert werden, andere durchgelassen und vom darunterliegenden dunklen Pigment verschluckt werden. Bei Käfern sind es meist transparente Vielfachschichten mit abwechselnd großem und kleinem Brechungsindex, die für die selektive Reflexion sorgen.


Callophrys rubi
Grüner Zipfelfalter
Callophrys rubi
Celastrina argiolus
Faulbaumbläuling
Celastrina argiolus
Lycaena virgaureae
Dukatenfalter
Lycaena virgaureae
 
Aglais io
Tagpfauenauge
Aglais io
 
Issoria lathonia
Kleiner Perlmutterfalter
Issoria lathonia
 
Adscita statices
Grünwidderchen
Adscita statices
Diachrysia stenochrysis
Messingeule
Diachrysia stenochrysis
 
Chrysis ignita
Gemeine Goldwespe
Chrysis ignita
Lucilia caesar
Goldfliege
Lucilia caesar
 
Cryptocephalus sericeus
Seidiger Fallkäfer
Cryptocephalus sericeus
Protaetia cuprea
Rosenkäfer
Protaetia cuprea
Chrysolina fastuosa
Prächtiger Blattkäfer
Chrysolina fastuosa
 
Phyllobius urticae
Brennessel-Grünrüssler
Phyllobius urticae
Zicrona caerulea
Blaugrüne Baumwanze
Zicrona caerulea
Chrysops relictus
Bremse
Chrysops relictus

Neben den Insekten sind es vor allem Vögel, die in ihrem Gefieder Strukturfarben zeigen. Deutlich ist an der unten rechts gezeigte Pfauenfeder die Veränderung der Farbe bei Änderung des Blickwinkels zu sehen.

Erpel
Anas platyrhynchos
Pfauenfeder unter
verschiedenen Blickwinkeln

Die Kolibris sind für ihre schillernden Farben berühmt.


Kolibri Colibri thalassinus
Foto: Mdf, Quelle: Wikimedia Commons,
Lizenz CC-BY-SA-3.0

Kolibri Calypte costae
Foto: Jon Sullivan,
Quelle: PDPhoto.org (Bild)

Strukturfarben findet man auch bei anorganischen Stoffen. Der einfachste Fall ist der von durchsichtigen dünnen Schichten, z.B. an Seifenblasen oder an Ölfilmen auf nassem Asphalt zu sehen. Viele Schichten mit wechselndem Brechungsindex lassen den Labradorit (ein Feldspatgestein) blau, grünlich gelblich oder auch in anderen Farben schillern, und der Grund für das Farbenspiel von Edelopal ist sein Aufbau aus submikroskopisch kleinen, annähernd gleich großen Kieselsäurekügelchen, die sich über große Bereiche regelmäßig angeordnet haben.

Den Strukturen, die diese Farben hervorrufen, ist ein eigener Abschnitt gewidmet.

Noch ein Blau – und ein Grün

Blaue Farbstoffe sind im Tierreich selten, bei den Wirbeltieren ganz besonders. Nicht immer werden sie durch Struktur- oder Schillerfarben ersetzt, denn es gibt noch eine andere Möglichkeit, nämlich die Ausnutzung (oder Nachahmung, Optimierung) des Tyndall-Effekts. An Teilchen, die klein gegenüber den Wellenlängen des sichtbaren Lichtes sind, wird kurzwelliges Licht viel stärker gestreut als langwelliges. Wenn diese völlig unregelmäßig verteilt sind – beim Tyndall-Effekt – ist das Streulicht dann himmelblau und kommt vor einem dunklen Hintergrund, der das nicht gestreute Licht verschluckt, voll zur Geltung.

Das Blau von Vogelfedern, soweit sie nicht schillern, kommt so zustande, die blaue Farbe am Gesicht und Gesäß des Mandrill-Männchens und die Farbe der Iris von blauen Augen.

Viele Libellen zeigen ein nicht schillerndes Himmelblau auf ihrem Körper. Reptilien und Amphibien erzeugen so ihr Grün mit zusätzlichen gelben Farbstoffen (Carotinoide) als Gelbfilter.

Allerdings haben neuere Untersuchungen gezeigt, dass die Streuung nicht inkohärent wie beim klassischen Tyndall-Effekt erfolgt (Prum et al., 1999a, 1999b, 2004a, 2004b). Die Streuzentren sind eben nicht völlig unregelmäßig verteilt, sondern sind kurzreichweitig geordnet, indem sie sich nicht zu nahe kommen. Dies führt sogar noch zu einem kräftigeren Blau. Mehr darüber finden Sie hier.

Enallagma cyathigerum
Gemeine Becherjungfer
Enallagma cyathigerum
Laubfrosch
Laubfrosch, Hyla arborea
(Foto: Ineptus)

Mandrill, Mandrillus sphinx
Foto: Robert Paul Young
Quelle: Wikipedia, Lizenz CC BY 2.0


Bei Schmetterlingen wurde diese Methode, Blau zu erzeugen, noch nicht gefunden [8]. Beim tropischen blauen Schwalbenschwanz Papilio zalmoxis wurde sie vermutet, dies ist inzwischen aber widerlegt (Prum et al. 2006). Stattdessen wurde ein blauer, fluoreszierender Farbstoff nachgewiesen, dessen chemische Struktur jedoch noch nicht aufgeklärt ist.



Zurück zur Übersicht, zum Abschnitt über Farbstoffe, zu dem über Strukturfarben oder über Streuung.


Quellen und Links

[1]Wikipedia: Flavonoide, Anthocyane, Betalaine, Carotinoide, etc., etc.
[2]Anonym: document_469.pdf (www.ichemlab.at) (PDF-download)
[3] Ingo Klöckl: farbchemie.html
[4] Prof. Blumes Tipp Nr. 111
[5] Pete Vukusic, Benny Hallam, Joe Noyes: Brilliant Whiteness in Ultrathin Beetle Scales. Science 19 January 2007: Vol. 315 no. 5810 p. 348 DOI: 10.1126/science.1134666 (PDF-download)
SOM (PDF) (Supporting Online Material, Figs. S1–S4)
[6] Shuichi Kinoshita: Structural Colors in the Realm of Nature. World Scientific 2008, ISBN-13 978-981-270-783-3
[7] Margareta Wallin: Nature's palette – How animals, including humans, produce colours: bioscience explained Vol 1 No 2 (PDF-download)
[8] H. Frederik Nijhout: "Coloration: Patterns and Morphogenesis" im Handbuch der Zoologie /Handbook of Zoology, herausgegeben von Niels P. Kristensen; Verlag Walter de Gruyter & Co., Volume IV, Band 2 (2003): Lepidoptera, Moths and Butterflies: Morphology, Physiology, and ..., S. 24 ff.
[9] F. Gowland Hopkins, 1895: The Pigments of the Pieridae: A Contribution to the Study of Excretory Substances Which Function in Ornament. Phil. Trans. R. Soc. Lond. B 1895 186, 661-682
[10] Edward J. Pfeiler, Jr.: The Effect of Pterin Pigments on the Wing Coloration of Four Species of Pieridae (Lepidoptera), Journal of Research on the Lepidoptera 7(4): 183–189. 1968(1970) (PDF-download).
[11] Richard Irwin Vane-Wright: The colouration, identification and phylogeny of Nessaea butterflies (Lepidoptera: Nymphalidae) Bulletins of the British Museum (Natural History): Entomology series – vol.38 (1979) no.2.
[12] Hitoshi Saito and Masami Shimoda: Insecticyanin of Agrius convolvuli: Purification and Characterization of the Biliverdin-Binding Protein from the Larval Hemolymph. Zoological Science 14: 777–783 (1977) (PDF-download)




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