Dietrich Zawischa | Kontakt | English version |
Das von einem Gegenstand reflektierte, durchgelassene oder von ihm selbst ausgesandte Licht, das ins Auge eintritt und eine Farbempfindung hervorruft, ist der Farbreiz. Zwar nehmen wir außer der Farbe auch noch wahr, ob der Gegenstand selbst leuchtet oder beleuchtet ist, ob er transparent oder lichtundurchlässig ist; wir bemerken, ob die Oberfläche matt oder glänzend ist, und dabei können verschiedene Arten Glanz unterschieden werden (Glasglanz, Metallglanz), aber man kann sich leicht überzeugen, dass all diese Attribute außer Farbe und Helligkeit nur durch das Zusammenwirken der Eindrücke von benachbarten Stellen des Gegenstandes und seiner Umgebung bestimmt werden: Betrachtet man eine Stelle, die so klein ist, dass sie völlig einheitlich erscheint, durch eine Blende, so bleiben nur die Merkmale Farbe und Helligkeit übrig. Das Licht, also der Farbreiz, kann mit physikalischen Mitteln untersucht werden: Es kann durch ein Prisma in Anteile verschiedener Wellenlängen aufgespalten werden, und man kann messen, welche Energie pro Zeiteinheit in einem bestimmten Wellenlängenbereich transportiert wird. Man unterteilt die Wellenlängenskala in kleine Abschnitte. Die Leistung (Energie/Zeiteinheit), die von der Strahlung in so einem kleinen Wellenlängenbereich in dem Intervall von λ − Δλ/2 bis λ + Δλ/2 in einen bestimmten Raumwinkelbereich hinein (z. B. in die Pupille) transportiert wird, nennen wir
(Diese Leistung ist natürlich umso größer, je größer Δλ gewählt wird, daher schreiben wir Δλ als Faktor dazu.) Kennen wir φλ für alle Wellenlängen des sichtbaren Bereiches, also für jeden Abschnitt der Wellenlängenskala, so haben wir eine Funktion der Wellenlänge vorliegen, die spektrale Leistungsverteilung, die von der Physik her den Farbreiz vollständig bestimmt. Man nennt φλ auch Farbreizfunktion. Wir stellen fest, dass z. B. eine Verdopplung der Werte φλ für alle Wellenlängen zwar die Helligkeit, nicht aber die Farbe einer Strahlungsquelle ändert; daher ist es üblich, diese Funktion willkürlich zu normieren, d.h. mit einem beliebigen Zahlenfaktor zu multiplizieren, so dass man die Funktionen für Lichtquellen verschiedener Strahlungsleistung bequem in einem Diagramm unterbringen kann. (Noch größere Bequemlichkeit bedeutet dies für die Messung, da man sich auf eine Relativmessung beschränken kann, die viel einfacher ist als eine Absolutmessung).
Abb. 1 zeigt Beispiele solcher Farbreizfunktionen. Hat man Licht durch ein Prisma in seine Anteile verschiedener Wellenlängen zerlegt, so kann man es auch wieder vereinigen und feststellen, dass es sich in der Farbe nicht von dem ursprünglichen unterscheidet. Man kann daher das Licht immer als Summe der Anteile der verschiedenen Wellenlängen auffassen, und die Farbreizfunktion φλ gibt an, welche Mengen aus dem jeweils betrachteten kleinen Wellenlängenbereich benötigt werden. Falls die untersuchte Strahlung direkt von einer Lichtquelle stammt, schreiben wir statt φλ lieber Sλ und nennen Sλ die Strahlungsfunktion der Lichtquelle. Die naheliegende Vermutung, dass durch φλ auch der Farbeindruck bestimmt ist, ist schnell widerlegt: durch Kontrast zur Umgebung, Anpassung des Auges an die herrschende Beleuchtung und nicht zuletzt durch die Verarbeitung der Daten im Gehirn sind erhebliche Unterschiede in der Farbempfindung möglich. Ein gutes Beispiel dafür ist die schlagartige scheinbare Veränderung des grauen Himmels, wenn am Abend die elektrische Beleuchtung eingeschaltet wird. Ebenfalls sehr deutlich lässt sich diese Kontrastwirkung am Beispiel der "Farbigen Schatten" leicht experimentell demonstrieren.
Dazu braucht man zwei verschiedene Lichtquellen, z. B. einen Projektor mit Rotfilter und einen ohne Filter, mit denen man eine weiße Leinwand beleuchtet. Jeder Schatten eines vor die Leinwand gehaltenen Gegenstandes erscheint nun doppelt: der nur von Rotlicht beleuchtete wie zu erwarten rot, aber der von Lampenlicht erleuchtete erscheint nicht weiß, sondern bläulich-grünlich. Dieser Versuch, mit einer Kerze in der Dämmerung ausgeführt, wurde zuerst von Otto v. Guericke im Jahre 1672 beschrieben (Land 1977). E. H. Land gibt in der zitierten Arbeit Experimente mit größerem technischen Aufwand in, die die Variabilität der Farbempfindung bei gleichbleibendem Farbreiz noch deutlicher machen.
Aber nicht nur durch gleichzeitig sichtbare verschiedene Farbreize, sondern auch durch die zeitliche Aufeinanderfolge kommt es zu Kontrastwirkung, da die Beeinflussung des Auges einige Zeit nachwirkt. Zumal sich Farbempfindungen ohnehin nicht (oder noch nicht) messen lassen, schaltet man sie bei der Farbmessung völlig aus, indem man nur nach der Unterscheidbarkeit oder Ununterscheidbarkeit eines Farbreizes von einem vorgegebenen anderen fragt und nicht nach dem Eindruck, den er hervorruft.
Damit die Form der Gegenstände und deren Umgebung den Beobachter nicht unbewusst beeinflusst, und um die Vergleichbarkeit optimal zu machen, werden die zu vergleichenden Farbreize als "freie Farben" in den Hälften einer kreisförmigen Blende bestimmter Öffnung dargeboten (Aperturfarben), die Blende bietet den Anblick einer selbstleuchtenden Öffnung ohne Struktur. Besonders zur Untersuchung farbiger Oberflächen geeignet ist die "Maxwellsche Beobachtungsweise": Wenn man etwas mit einer Lupe betrachtet, dann kann man die Abstände so wählen, dass die ganze Fläche der Lupe einheitlich farbig erscheint.
Bei der Farbe, die so losgelöst vom Gegenstand erscheint, ist nun auch eine Trennung von Gegenstands"Farbe" und Beleuchtungseinfluss nicht mehr möglich, die sonst zumeist unbewusst und mit erstaunlicher Genauigkeit vorgenommen wird, und das Experiment reduziert sich auf den Vergleich zweier durch ihre spektralen Verteilungen gegebener Lichtströme, zweier Farbreize.
Stimmen zwei Farbreize in ihren spektralen Verteilungen überein, also φ1,λ = φ2,λ, so erscheinen sie unbedingt gleich, man spricht in diesem Fall von Isomerie. Die Farbreize können aber auch gleich erscheinen, wenn die Verteilungsfunktionen verschieden sind. Diese Übereinstimmung nennt man Metamerie oder bedingte Gleichheit.
Um diesem Sachverhalt Rechnung zu tragen, führen wir die Wertigkeit V eines Farbreizes in Hinblick auf den Farbsinn des Beobachters ein. Erscheinen einem Beobachter zwei Farbreize gleich, so schreiben wir
d.h. die Wertigkeiten, Farbvalenzen oder kurz Valenzen der beiden Farbreize sind gleich, und über die Farbreizfunktion selbst sagt diese Gleichung nichts aus. Obwohl farbtüchtige Beobachter in ihren Urteilen im großen und ganzen übereinstimmen, gilt die Gleichung streng genommen zunächst nur in Hinblick auf den einen Beobachter.
Betrachten wir eine Versuchsanordnung: die linke Hälfte einer Projektionsleinwand soll von einer Lampe durch ein Farbfilter beleuchtet werden, und diese Farbe soll auf der rechten Hälfte reproduziert werden. Dazu stehen drei Projektoren mit Farbfiltern zur Verfügung, deren Helligkeit regelbar ist. Durch Überlagerung (Addition) der drei Farbreize mit verschiedenen Gewichten kann man Mischfarben erzeugen. Wählt man als Basisvalenzen Rot, Grün und Blau, alle drei möglichst gesättigt, kann man in vielen Fällen Übereinstimmung erreichen. Das heißt, und dies ist eine fundamentale experimentelle Erkenntnis, die Farben (alle Farbtöne!) können als Mischung aus drei verschiedenen, fest vorgegebenen Farbreizen dargestellt werden. Dabei ist es aber durchaus möglich, dass ein zweiter Betrachter Übereinstimmung bei einer vom ersten etwas abweichenden Einstellung feststellt, usw. Wir schreiben die Übereinstimmung der Bildhälften als Gleichung für die Farbvalenzen:
Die fett gedruckten Großbuchstaben stehen für Farbvalenzen, die Buchstaben R, G, B (Farbmaßzahlen) für die in zunächst noch beliebigen Einheiten gemessenen Mengen der Grundvalenzen R, G, B.
Es kann allerdings vorkommen, z.B. wenn als Probelichtquelle eine spektral reine oder eine sehr intensive Farbe genommen wird, dass mit der gegebenen Anordnung keine Anpassung der beiden Felder aneinander erreicht werden kann, dass etwa ein tiefes Dunkelrot aus Orangerot, Grün und Blau nicht gemischt werden kann, die Mischfarbe immer etwas weißlicher erscheint. Wenn der Farbvergleich der Messung und nicht der Reproduktion dient, kann man sich in diesem Fall behelfen, indem man etwa die grüne Lichtquelle in der Versuchsanordnung auf die andere Seite nimmt. Wenn dann Gleichheit erreicht werden kann, entsprechend
so können wir dies schreiben als
wobei jetzt negative Mengen eines Farbreizes auftreten. Für eine praktische Realisierung einer Farbwertgleichung sind die Terme so umzustellen, dass nur positive Gewichtsfaktoren auftreten, und den beiden Seiten der Gleichung entsprechen dann mögliche Beleuchtungen der beiden Bildfeldhälften.
Lässt man negative Beimischungen zu, dann gilt Gleichung (3) allgemein unter der Voraussetzung, dass nicht eine der drei Vergleichsfarben durch die beiden anderen nachgemischt werden kann. Dies ist das 1. Graßmannsche Gesetz, das man so formulieren kann: Von vier Farben lässt sich immer eine als Überlagerung der anderen darstellen.
Weiters stellt man fest: Hat man eine metamere Übereinstimmung, so bleibt diese Übereinstimmung erhalten, wenn die Helligkeit von beiden im gleichen Maße erhöht oder verringert wird, es gilt also
zumindest innerhalb gewisser Grenzen. (Wenn man die Helligkeit soweit vermindert, dass man in den Bereich des Dämmerungssehens kommt, kann die Übereinstimmung aufhören.)
Die Gleichheit zweier Farben bleibt auch bestehen, wenn beiden die gleiche Farbe additiv überlagert wird:
oder auch
(3. Graßmannsches Gesetz, H. Graßmann 1853) Haben wir für V1, V2 die Maßzahlen R1, G1, B1 bzw. R2, G2, B2 ermittelt,
dann gilt auch
Es besteht also ein linearer Zusammenhang zwischen den Farbreizen und den Farbmaßzahlen, und es gelten für die Addition von metameren Farbvalenzen die gleichen Gesetze wie für die Addition von Vektoren. Daher kann man jeden Farbwert als Vektor in einem Farbenraum darstellen, und dieser Farbenraum ist dreidimensional, d. h. es gibt nur drei linear unabhängige Basisvektoren, genau wie in dem physikalischen Raum unserer Anschauung. Damit haben wir die Dreidimensionalität des Farb-Empfindungs-Raumes in der Dreidimensionalität des Raumes der Farbwerte wiedergefunden.
In der Darstellung durch Vektoren unterscheiden sich Farben, die durch Vektoren in der gleichen Richtung gegeben sind, nur durch ihre Helligkeit; die Farbart ist allein durch die Richtung des Vektors gegeben.
Bis jetzt ist nichts über die Einheiten gesagt worden, in denen die Farbvalenzen gemessen werden; man kann sie willkürlich festlegen. Es ist üblich, diese Festlegung wie folgt zu treffen: Je eine drittel Einheit der Primärvalenzen Rot, Grün und Blau (Blauviolett) addiert sollen eine Einheit Weiß ergeben, wobei als Weiß die Farbvalenz des energiegleichen Spektrums φλ = const gewählt wird. Die absolute Größe der Einheiten ist wegen Gl. (6) unerheblich, es wird auf diese Weise nur die relative Größe fixiert.
Die in diesen Einheiten gemessenen Größen R, G, B nennt man die trichromatischen Maßzahlen.
Das für die additive Farbmischung maßgebliche Gewicht einer Farbvalenz, die Zahl der trichromatischen Einheiten, erhält man als Summe der Gewichte der Komponenten: Zwei Einheiten der Farbe A plus drei Einheiten der Farbe B ergeben fünf Einheiten der Mischfarbe.
Die Farbvalenzvektoren haben nicht alle Eigenschaften, die wir sonst von Vektoren kennen. Für unsere Zwecke hier reicht die Vorstellung von einem Pfeil mit Spitze, Ende und bestimmter Länge, wobei die Addition erfolgt, indem man einen parallelverschiebt und mit dem Ende auf die Sitze des ersten aufsetzt. Dies ist so wie beim Hintereinanderausführen von Verschiebungen eines Punktes. Multiplikation mit einer Zahl bedeutet Multiplikation der Länge unter Beibehaltung der Richtung, bei Multiplikation mit einer negativen Zahl dreht sich die Richtung um. Dabei hat aber die Länge der Valenzvektoren selbst keine tiefere Bedeutung, sondern als Maß für das Gewicht der Valenzen bei Farbmischungen dient die Summe ihrer Komponenten, eine Größe, der sonst bei Vektoren keine Bedeutung zukommt. Im Farbraum liegen die Spitzen aller Vektoren einer bestimmten Einheitenzahl m in der Ebene R + G + B = m.
Da die Helligkeit vielfach weniger interessiert als die Farbart, geht man von der dreidimensionalen Darstellung zur einfacheren zweidimensionalen über, indem man als Farbdiagramm die Einheitsebene R+G+B = 1 zeichnet, wobei die Farbart durch die Durchstoßpunkte der Farbvalenzvektoren gegeben ist. (Die Abbildungen 3 zeigen den Zusammenhang.)
Aus R, G, B berechnet man die Koordinaten des Durchstoßpunktes zu
und es ist natürlich r + g + b = 1, so dass nur zwei der Koordinaten (Farbwertanteile) angegeben werden müssen. Für einen eingezeichneten Punkt lassen sich diese Koordinaten unmittelbar dem Farbdreieck entnehmen als Abstände des Punktes von den Dreiecksseiten, wobei die Einheiten durch die jeweilige Höhe des Dreiecks gegeben sind (z.B. g = (Abstand F–V)/HG).
Die Form des Dreiecks ist im übrigen willkürlich; da auch die Winkel zwischen den Achsen in Abb. 3 keine Bedeutung haben, kann man das Farbdreieck rechtwinklig oder gleichseitig zeichnen, ohne an den obigen Beziehungen etwas zu ändern.
Aus der Konstruktion folgt, dass die Überlagerung zweier Farben im Farbdreieck durch einen Punkt auf der Verbindungslinie der beiden Ausgangsfarbarten dargestellt wird, und die Abstände verhalten sich umgekehrt wie die Mengen (in trichromatischen Einheiten) der Komponenten (Hebelgesetz), Abb. 4.
Bemerkenswert ist der Helligkeitsunterschied der Primärvalenzen R, G, B. Bei Verwendung von spektralreinem Licht der Wellenlängen λR = 700 nm, λG = 546,1 nm, λB = 435,8 nm für die primären Farbreize erscheint eine Einheit Rot etwa 15 bis 20 mal so hell wie eine Einheit Blau, eine Einheit Grün noch vier bis fünf mal so hell wie Rot, d. h. etwa viereinhalb Einheiten R erscheinen erst so hell wie G. Allerdings ist der Vergleich der Helligkeiten von verschiedenen Farben problematisch, und so sind die den genormten Lichtquellen zugeordneten Helligkeitsbeiwerte (Leuchtdichtebeiwerte) als aus der Helligkeitsempfindungskurve Vλ entnommene Zahlen und nicht als mit derart exzessiver Genauigkeit gemessene Werte zu verstehen. Die Helligkeitsempfindungskurve Vλ ist aus Messreihen an einer größeren Zahl von farbnormalsichtigen Versuchspersonen gewonnen worden und kann als repräsentativ gelten ( "Normalbeobachter"). Für die oben angegebenen Wellenlängen sind die Leuchtdichtebeiwerte
damit errechnet man die Helligkeit (Leuchtdichte) eines farbigen Lichtes zu
Dabei ist c ein Proportionalitätsfaktor, über den wir noch so verfügen können, dass sich L in den gewünschten Einheiten ergibt, z. B. in cd/m2, Candela pro Quadratmeter.
Diese Beziehung beruht auf der Voraussetzung, dass sich die Helligkeiten additiv verhalten (Abneysches Gesetz), dies gehört gleichsam zur Definition der Helligkeit.
Bild 5: Relative Empfindlichkeit als Funktion der Wellenlänge: V'λ für skotopisches (Nacht-), Vλ für photopisches (Tages-) Sehen. |
Bemerkenswert ist im übrigen, dass die Energien, die die drei Lichtquellen je Zeiteinheit aussenden, wieder in einem anderen Verhältnis stehen: Es ist, für je eine trichromatische Einheit
Die trichromatischen Maßzahlen für spektralreines Licht sind von besonderer Bedeutung: Für Strahlung der Wellenlängen λ (Farbreiz qλ) erhält man die Maßzahlen ‾rλ, ‾gλ, ‾bλ, die spektrale Farbwerte genannt werden. Variiert man λ, wobei die Strahlungsintensität festgehalten wird oder auf eine Einheit (z. B. 1 Watt/m2) zurückgerechnet wird, dann stellen ‾rλ, ‾gλ und ‾bλ Funktionen von λ dar, die Spektralwertkurven (Abb. 6). Sind die Spektralwertkurven bekannt, dann kann man die Farbmaßzahlen für einen durch die Funktion φλ bestimmten Farbreiz berechnen.
Bild 6: Die Farbwerte der Spektralfarben für reelle, spektralreine Grundfarben (nach DIN 5033): λR = 700 nm, λG = 546,1 nm, λB = 435,8 nm. |
Dazu denken wir uns den sichtbaren Wellenlängenbereich wieder in kleine Intervalle der Größe Δλ zerlegt. Wäre die Intensität in einem herausgegriffenen Teilbereich eine Einheit groß, so wären die trichromatischen Koordinaten für diesen Teilbereich ‾rλ, ‾gλ,‾bλ. Die Maßzahlen für einen Teilbereich der Intensität φλΔλ sind daher
Nun haben wir über alle Teilbereiche aufzusummieren und erhalten
Die Durchstoßpunkte durch die Einheitsebene für die Spektralfarben berechnet man nach Gl. (12) zu
Trägt man diese Punkte für alle Wellenlängen des sichtbaren Bereiches in die Farbtafel ein, so erhält man den Spektralfarbenzug Abb. 7. Die Größen rλ, gλ und bλ sind die Farbwertanteile der Spektralfarben, kurz Spektralwertanteile.
Es liegt auf der Hand, dass bei der Mischung von Spektralfarben aus vorgegebenen Primärvalenzen nur die verallgemeinerte Form der Gleichung (3) mit einem oder auch zwei negativen Koeffzienten möglich ist, denn Spektralfarben sind die sattesten Farben überhaupt. Daher liegt der Kurvenzug der Spektralfarben außerhalb des Dreiecks unserer Primärvalenzen. Die Kurve ist nicht geschlossen. Beim Mischen der Valenzen von den beiden Endpunkten bewegen wir uns auf der Purpurlinie, der Verbindungslinie der Endpunkte. Alle überhaupt möglichen Farbvalenzen befinden sich in der Farbtafel innerhalb des durch die Purpurlinie geschlossenen Spektralfarbenzuges.
Der in die Farbtafel eingezeichnete Spektralfarbenzug ermöglicht die Angabe einer anderen Charakterisierung der Farbvalenz Q, die auf Helmholtz zurückgeht und den psychologischen Begriffen Farbton und Sättigung entspricht (Abb. 8): Man legt eine unbunte Farbe U fest, und zeichnet eine Gerade durch die Punkte (Q) und (U), die bis zum Spektralfarbzug zu ziehen ist. Zwei Fälle lassen sich unterscheiden: Liegt (Q) zwischen (U) und (S), so lässt sich Q aus U und spektralreinem Licht der Wellenlänge λS mischen, man nennt λf = λS die farbtongleiche Wellenlänge. Oder aber es liegt (U) zwischen (Q) und (S), dann kann die unbunte Farbe U (Weiß) durch Q und spektralreines Licht der Wellenlänge λS' gemischt werden. Man nennt λk = λS die kompensative Wellenlänge. Als Sättigung bezeichnet man im ersten Fall den Anteil an der Spektralfarbe, der für die Mischung nötig wäre und der durch das Streckenverhältnis
gegeben ist, im zweiten Fall bezeichnet Sättigung den Anteil, der von einem auf der Purpurlinie gelegenem Farbreiz benötigt würde, um Q aus U und P zu mischen, und der ist durch das Streckenverhältnis
gegeben. Die DIN-Norm (DIN 5033) zieht statt des Ausdruckes Sättigung die Bezeichnung spektraler Farbanteil bzw. bei Selbstleuchtern spektraler Leuchtdichteanteil vor.
Statt kompensative Wellenlänge könnte man ebensogut komplementäre Wellenlänge sagen, wie es in der angelsächsischen Literatur auch geschieht. Der Wortbedeutung nach sagen beide Ausdrücke etwa dasselbe: die vorgegebene Farbe wird mit der kompensativen zu Unbunt gemischt, "ausgeglichen", oder mit der komplementären zu Weiß "aufgefüllt". Komplementär wird bisweilen in Hinblick auf die Farbreizfunktion verstanden – zwei Farbreize sind komplementär, wenn sie additiv die vorgegebene Farbreizfunktion von Unbunt ergeben. Da aber in der Farbmessung im allgemeinen von Farbvalenzen die Rede ist, wird unter Komplementärfarben im folgenden ein Paar verstanden, das sich in irgend einem Verhältnis additiv zu Weiß mischen lässt.
Es ist leicht, von einem Satz Primärvalenzen auf einen anderen unzurechnen, was z. B. für den Vergleich verschiedener Messungen wichtig ist. Dies ist durch die geometrische Interpretation der Farbvalenzen als Vektoren besonders anschaulich.
Seien R', G', B' die neuen Primärvalenzen, die durch die alten ausdrückbar sind
und entsprechend für G' und B'.
Wenn wieder je eine trichromatische Einheit der neuen Primärvalenzen für die additive Mischung zu Weiß benötigt werden soll (was im allgemeinen der Fall ist), dann muß man zunächst dafür sorgen und die Intensität der drei Vektoren anpassen:
wobei für U die gewünschte Unbuntart, E oder ein anderer Weißpunkt, einzusetzen ist. Dies ist ein System von drei Gleichungen für die drei Unbekannten c1, c2 und c3, das aufzulösen ist. Dann kann man die gewünschten Primärvalenzen neu definieren:
was auf Neufestlegung der Koeffizienten a11 ... a33 hinausläuft.
Nachdem dies erledigt ist, kann man die Gleichungen (21) nach den "Unbekannten" R, G, B auflösen. (Weder die alten noch die neuen Basisvektoren dürfen in einer Ebene Iiegen.) Man erhält die Lösung des Gleichungssystens in der Form
Somit kann man eine Farbe Q auf zwei Arten darstellen
Daraus kann man ablesen, wie die Koordinaten umzurechnen sind:
Für Spektralfarben gelten natürlich die gleichen Transformationsformeln, also erhalten wir
etc. für die neuen Spektralwertkurven.
Die Transformation für die Farbwertanteile r = R/(R+G+ B) etc. soll hier nicht angegeben werden, sie ist nicht schwer herzuleiten.
Da die drei Kurven ‾rλ, ‾gλ, ‾bλ die Berechnung der Farbvalenz für jeden Farbreiz gestatten, enthalten sie die gesamte Information über die Farbwahrmehmung des Beobachters (Farbwahrnehmung im Sinn von Unterscheidungsfähigkeit, von Empfindungen soll zunächst nicht die Rede sein). Bei noch so sorgfältiger Messung werden allerdings die entsprechenden Kurven zweier verschiedener Versuchspersonen kaum je völlig übereinstimmen, sondern es ergeben sich mehr oder weniger deutliche Unterschiede. Selbst für ein und dieselbe Person hängen die Ergebnisse von der Größe (Winkelausdehnung) des Testfeldes ab.
Diese für Standardisierung und eindeutige Festlegung von Toleranzen ungünstige Situation wurde 1931 von der Internationalen Beleuchtungskommission (CIE, Commission Internationale de l'Eclairage) behoben, indem ein fiktiver Normalbeobachter (oder Normbeobachter) eingeführt wurde: Als Grundlage dienten Messungen von Guild (1931/32) und von Wright (1928/29), die mit Farbreizen der schon erwähnten Wellenlängen von λR = 700 nm, λG = 546,1 nm, λB = 435,8 nm bei einem Öffnungswinkei von 2° gewonnen worden waren, und deren Mittelwerte dann als Spektralwertkurven für den Normalbeobachter definiert wurden. Die Kurven sind in Abb. 6 dargestellt. Spätere Wiederholungen der Messungen mit verfeinerter Messtechnik (Stiles 1955) haben die früheren Ergebnisse bestätigt, die Kurven können also als repräsentativ gelten.
Die einfache Umrechnungsmöglichkeit zwischen Primärvalenzen hat die Internationale Beleuchtungskommission 1931 bewogen, für die Erfassung und graphische Darstellung von Daten Primärvalenzen mit besonderen Eigenschaften anzugeben und die entsprechenden Spektralwertfunktionen in Tabellenform als Norm festzulegen. Die neuen Primärvalenzen X, Y, Z wurden so gewählt, dass die Maßzahlen X, Y, Z für reelle Farben nicht negativ werden, d. h. in der Einheitsebene liegt der Spektralfarbenzug innerhalb des Dreiecks XYZ, und das bedeutet natürlich auch, dass die Valenzen X, Y, Z selbst nicht realisierbar sind, sie liefern nur das Koordinatensystem für eine besonders bequeme Darstellung.
Gl. (14) gibt die Helligkeit für jeden Vektor im Farbraum an. Setzen wir L = 0, dann ist
die Gleichung einer Ebene im Farbraum, der Ort aller Valenzen mit Helligkeit Null. Die Primärvalenzen X und Z wurden in diese Ebene gelegt, daher gilt lX = lZ = 0. Für die Valenz Y wurde als Spektralwertkurve die Helligkeitsempfindungskurve Vλ angenommen, denn unter der Voraussetzung, dass Helligkeiten additiv sind, kann man diese Kurve als Überlagerung der Spektralwertkurven ‾rλ, ‾gλ, ‾bλ ausrechnen, entsprechend Gl. (14). Somit wird die Koordinate Y proportional zur Helligkeit.
Da die Form des Farbdreiecks – wie schon besprochen – willkürlich
ist, wählt man üblicherweise die bequemste Form, nämlich ein rechtwinklig gleichschenkliges Dreieck, Abb. 9, die den Vorteil hat, dass man
normales Millimeterpapier verwenden kann.
Um dieses Dreieck nicht allzu farblos erscheinen zu lassen, sind
in Abb. 10 die Farben, wie sie ein Computer-Monitor mit Kathodenstrahlröhre zeigen kann, dargestellt. (Genaueres dazu finden Sie im nächsten Abschnitt über Farbwiedergabe.)
Die Berechnung der Farbmaßzahlen in bezug auf X, Y, Z geschieht völlig analog zu den Gleichungen (17) mit Hilfe der Spektralwertkurven ‾xλ, ‾yλ und ‾zλ, Abb. 11: Aus der spektralen LeistungsVerteilungsfunktion (Farbreizfunktion) berechnet man die trichromatischen Maßzahlen entsprechend
Da die Funktionen ‾xλ, ‾yλ, ‾zλ willkürlich normiert sind (so dass das Maximum von ‾yλ gleich 1 ist), haben wir hier einen Proportionalitätsfaktor vor die Summe gestellt.
Bei der Wellenlänge λ = 555 nm entspricht einem Energiestrom von 1 W (Watt) ein Lichtstrom von 683 lm (Lumen). Diese Zahl berechnet man aus der Definition der Einheit des Lichtstromes mit Hilfe der Schwarzkörperstrahlung und der Planckschen Formel. Wählt man also k = Km = 683 lm/W, so gibt Y den Gesamtlichtstrom in Lumen an, wenn für φλ der Energiefluss pro Wellenlängeneinheit eingesetzt wird.
Die Farbwertanteile ergeben sich zu
Die Beziehung für die Helligkeit L = lxX + lyY + lxZ wird wegen lx = lz = 0, ly = 1 zu
Die eben besprochenen Spektralwertkurven wurden für 2° Gesichtsfeldöffnungswinkel bestimmt und sind bis etwa 4° Öffnungswinkel gültig (2° Öffnungswinkel entspricht einer Scheibe von 1 cm Durchmesser aus 29 cm Entfernung betrachtet). Für die Fälle, wo es auf die Beurteilung größerer Gesichtsfelder ankommt, wurden 1964, basierend auf Messungen von Speranskaya (1959) und Stiles (1955), Kurven und Valenzen für 10° Öffnungswinkel festgelegt, die zur Unterscheidung von den anderen mit dem Index 10 versehen werden, also X10, … ‾x10,λ, X10 etc. Allerdings ist Übereinstimmung von Y10 mit der Helligkeit zunächst nicht vorauszusetzen, da eine entsprechende Helligkeitsempfindungskurve noch nicht festgelegt ist (DIN 5031 und DIN 5033).
Bei dem bisher über Farbmessung gesagten sind wir immer von der Farbreizfunktion φλ ausgegangen, also von der spektralen Zusammensetzung des Lichts, das in die Pupille eintritt. Falls φλ direkt durch die Emission einer Lampe oder sonstigen Lichtquelle bestimmt ist, oder durch eine als Einheit aufgefasste Kombination Lampe-Filter, dann ist alles im vorigen Abschnitt gesagte unmittelbar anwendbar. Nun begegnen wir aber Farben überwiegend an farbigen Gegenständen, und dementsprechend bezieht sich die Farbmessung in den meisten Fällen auf Farben von Oberflächen (Aufsichts-, Oberflächen- oder Körperfarben), oder von Filtern, wobei die Farbreizfunktion außer durch Remissions- (bzw. Transmissions-) Vermögen des Körpers durch die Beleuchtungsart wesentlich mitbestimmt wird. Da man die Einflüsse beider auf die Farbe nicht trennen kann, muss man die Beleuchtungsart festlegen, um verschiedene Messungen vergleichen zu können. Von der CIE wurden drei Standardlichtquellen A, B, C vorgeschlagen, die so gewählt sind, dass sie "Glühlampenlicht", "Sonnenlicht am Mittag", und "Tageslicht bei bedecktem Himmel" nahekommen. Verteilungsfunktionen für weitere Lichtarten wurden genormt: D55, D65 und D75. Der Buchstabe D steht für daylight, Tageslicht. D65 entspricht mittlerem Tageslicht der Farbtemperatur 6504 K. Die Lichtquelle A wird realisiert durch eine 500 W Wolframfadenlampe, die bei einer Farbtemperatur von 2856 K betrieben wird; B und C sind A mit Filtern.
Die optischen Eigenschaften einer Körperoberfläche, soweit sie für die Farbigkeit relevant sind, werden durch den Remissionsfaktor (Remissionsgrad oder kurz Remission) beschrieben. Dieser gibt an, wieviel Licht von einer Fläche im Verhältnis zu einer ideal mattweißen unter den gleichen Bedingungen zum Beobachter gelangt, und zwar als Funktion dar Wellenlänge:
bei Beleuchtung mit Licht der Wellenlänge λ.
Für eine ideal mattweiße Fläche, die nicht absorbiert und unter allen Beobachtungswinkeln gleich hell erscheint, ist definitionsgemäß
Was im folgenden über Aufsichtsfarben gesagt wird, gilt auch für Farbfilter, wobei nur das Remissionsvermögen βλ durch das Transmissionsvermögen τλ (Transmission, Durchlässigkeit) zu ersetzen ist.
Für eine anschaulich-qualitative Beurteilung des Remissionsvermögens βλ, etwa von Farbpapier, reicht schon ein Prisma: Man legt einen schmalen Streifen des Papiers auf einen schwarzen Untergrund und daneben zum Vergleich einen Streifen aus weißem Papier, die man beide durch das Prisma anschaut. Im Vergleich mit dem Spektrum des vom weißen Streifen reflektierten Lichts sieht man gut, welche Anteile vom Farbpapier nur wenig zurückgeworfen werden.
Die beleuchtende Lichtart sei durch die spektrale Verteilungsfunktion Sλ gegeben, wobei SλΔλ dem Energiefluss von der Lichtquelle im Bereich der Wellenlängen von λ−Δλ/2 bis λ+Δλ/2 proportional ist. Da der Absolutwert für unsere Zwecke nicht interessiert, wird Sλ meist willkürlich normiert (d. h. die Kurve wird mit einem Faktor multipliziert, so dass sie an einer bestimmten Stelle den Wert 1 annimmt).
Trifft der Energiestrom SλΔλ auf die betrachtete Fläche auf, so ist der zum Beobachter reflektierte Energiestrom proportional zu SλΔλ und zum Remissionskoeffzienten βλ, also
für alle Wellenlängen. Daraus kann man die Farbmaßzahlen berechnen
wobei die Konstante k üblicherweise so gewählt wird, dass sich für eine ideal mattweiße Fläche die Maßzahl Y, die die Helligkeit angibt, zu 1 oder 100% ergibt
Y gibt also die relative Helligkeit gegenüber einer vollkommen weißen Fläche in Prozent an, den sogenannten Hellbezugswert, und dadurch hat man für die Maßzahl der Helligkeit Unabhängigkeit von der Beleuchtungsstärke erreicht. Dies ist für Körper- oder Aufsichtsfarben äußerst wichtig: Denn in Gegensatz zu farbigem Licht, wo Helligkeit und Farbart als getrennte Eigenschaften wahrgenommen werden, trägt bei Oberflächenfarben die Helligkeit (im Vergleich zu Weiß) wesentlich zur Farbempfindung bei. Während es kein braunes Licht gibt, allenfalls orangefarbenes geringer Helligkeit, wird eine Oberfläche mit den gleichen Farbmaßzahlen wie Orange, aber geringerer Helligkeit Y , nicht als dunkelorange, sondern als braun gesehen.
Farben (Valenzen) mit den gleichen Koordinaten x, y, aber abgestufter Helligkeit Y nennt man eine Schattenreihe.
dass die Farbart von Braun und Orange gleich sind, oder die von Gelb und Olivgrün, kann man experimentell mit Hilfe von zwei Projektoren schön veranschaulichen: Zunächst projiziert man in einem abgedunkelten Raum Licht durch ein oranges oder gelbes Filter mit nicht zu großer Helligkeit auf eine Leinwand; die Farbempfindung ist Orange bzw. Gelb. Dann wird mit größerer Helligkeit ein weißer Ring auf die Leinwand projiziert, und sofort erscheint das Innere des Ringes braun bzw. oliv.
Bei der Bewertung von Körperfarben ist durch die allgemeine Beleuchtung schon ein Vergleichsstandard vorhanden, so dass die Empfindung Braun auch ohne weiße Vergleichsfläche zustande kommt.
Bei Körperfarben erhält der Ausdruck "bedingt gleich" oder "metamere Übereinstimmung" zweier Farbvalenzen besondere Bedeutung, da die Farben (Farbvalenzen) von der Beleuchtung mitbestimmt werden, wie jeder weiß und wie in den Formeln zum Ausdruck kommt. Wenn wir für zwei verschiedene Oberflächen Farbgleichheit feststellen, dann gilt dies zunächst nur für die eine Beleuchtungsart, bei anderer Beleuchtung kann die Übereinstimmung verloren gehen. Der Unterschied, der dabei auftreten kann, ist natürlich umso größer, je verschiedener die Remissionskurven voneinander sind, so dass es sinnvoll ist, von starker oder schwacher Metamerie zu sprechen.
Bei sehr "ungewöhnlichen" Remissionskurven kann die Abhängigkeit der Farbe von der Beleuchtung überraschend stark sein. Ein berühmtes Beispiel ist der Edelstein Alexandrit, der bei Kerzenlicht rot, bei Tageslicht aber blau erscheint.
Bei Körperfarben ist, wie eben besprochen, die relative Helligkeit (gegenüber Weiß), und nicht die absolute Helligkeit, die von der Beleuchtung abhängt, für die Farbempfindung maßgeblich. Daher bilden die Körperfarben, im Gegensatz zu den Valenzen farbiger Lichter, die im Farbraum innerhalb einer nach oben offenen Farbtüte liegen, einen allseits begrenzten Farbkörper, Bild 13. Dabei liegen die Valenzen der sattesten im täglichen Leben auftretenden Farben etwas innerhalb der Oberfläche des Farbkörpers, die von den sogenannten Optimalfarben gebildet wird. Optimalfarben sind die Farben, die bei gegebener Farbart (x, y, z) die größte theoretisch mögliche Helligkeit Y haben, bei gegebener Helligkeit die größte Sättigung. Man kann zeigen, dass das Remissionsvermögen von Optimalfarben nur die Werte Null oder Eins haben darf, mit höchstens zwei Sprungstellen.
Es hat verschiedene Versuche gegeben, Farbkörper für Aufsichtsfarben zu entwerfen und Farbmusterkarten für Farbbewertungszwecke herauszugeben, wobei angestrebt wurde, dass die Abstände den Empfindungsunterschieden entsprechen. Es sollen hier nur drei Beispiele erwähnt werden, der Ostwaldsche Farbkörper, das Munsellsche System und die DIN Farbenkarte. Die frühen Entwürfe von Farbkörpern, die nur noch von historischem Interesse sind, wurden in den Vorlesungen nur kurz abgehandelt; mehr findet man im "Museum".
Wilhelm Ostwald (1923) klassifiziert die Farben nach dem Anteil an maximal gesättigter Farbe ("Vollfarbe", optimale Farbe), dem Weiß- und Schwarzanteil, und die Maßzahlen F, W, S sind genau die, die man bei Mischung mit dem Farbkreisel, der noch besprochen wird, den Segmentgrößen entnehmen kann. Es ist F + S + W = 1.
Der Farbkörper des amerikanischen Malers A.H. Munsell (Munsell 1915 und später) basiert auf der Ordnung der Farbvalenzen nach Farbton (hue), Helligkeit (value) und Sättigung oder Farbintensität (chroma), wobei die Abstufung in erster Linie nach subjektiven Gesichtspunkten (gestützt auf Farbkreiselmessungen) erfolgte. In diesem Farbsystem kommt die größere Helligkeit von Gelb im Vergleich zu Blau in den value-Maßzahlen zur Geltung. Bemerkenswert ist, dass die Linien konstanten Farbtones, in die Farbtafel eingetragen, gekrümmt sind: die als farbtongleich empfundenen Farbmuster zunehmender "Verweißlichung" entsprechen im allgemeinen nicht einer festen "farbtongleichen" Wellenlänge, oder umgekehrt: Bei der Mischung (optisch oder mit Pigmentfarben) einer Farbe mit Weiß empfindet man eine Farbtonverschiebung ("Abney-Effekt"), desgleichen auch bei "Verschwärzlichung" ("Bezold{Brücke{Effekt"). Tatsächlich lagen die ursprünglichen Farbmuster auf etwas welligen Linien, Farbmessungen dienten später dazu, die Linien durch Neuauswahl der Muster zu glätten. Bild 14 zeigt den Aufbau zweier Seiten aus dem "Munsell Book of Color".
Bild 14: Schematische Wiedergabe zweier Seiten aus dem Munsell Book of Color, die die Anordnung der Farbmuster zeigen. (Die stellenweise sichtbaren Abweichungen im Farbton sind durch die begrenzte Zahl möglicher Farbabstufungen auf dem Computer bedingt, wo für jede Grundfarbe nur 256 verschiedene Intensitäten möglich sind.) |
Die DIN Farbkarte schließlich stellt ein Ordnungssystem dar, das auf empirisch gefundenen und daher komplizierten Formeln für Helligkeit und Sättigung aufbaut, um gleichabständig wirkende Sättigungs- und Schattenreihen zu gewinnen.
Die Farbmerkmale nach DIN 6164 sind folgende: Farbton T: Läuft von 1 bis 24. Die empfindungsmäßige Tonänderung beim Fortschreiten auf einer Geraden in der Farbtafel wurde im Interesse einer einfachen Umrechnung hingenommen.
Sättigungsstufe S: am besten einer graphischen Darstellung (DINFarbtafel) zu entnehmen.
Dunkelstufe D: ein Maß für die Helligkeit bezogen auf die Optimalfarbe gleicher Farbart (D = 0 für idealesWeiß und alle Optimalfarben,
D = 10 für Schwarz).
Eine Farbe wird gekennzeichnet durch die Angabe von T, S und D, wobei die Maßzahlen durch Doppelpunkte getrennt werden, z. B. Farbe 7:3:2 DIN 6164. Zu erwähnen ist noch, dass nicht versucht wurde, die Schrittweiten von einer Sättigungsstufe zur nächsten für verschiedene Dunkelstufen einander anzugleichen. Man zog vor, das Diagramm für alle Dunkelstufen festzuhalten, was wieder der bequemen Umrechnung in trichromatische Maßzahlen X, Y, Z zugute kommt. (Richter 1950, 1955 a,b)
Statt im Farbvalenzraum (Bild 13) kann man den Farbkörper bequemer im Raum der Koordinaten x, y, Y aufbauen (Rösch 1928, Mac Adam 1935). Für die beide Varianten des Farbkörpers gilt aber, dass die Abstände mit den empfindungsmäßigen Unterschieden nicht übereinstimmen, siehe Bild 10, das man auch als Aufsicht auf den durch die drei Primärvalenzen darstellbaren Teil des CIE-xyY-Farbkörpers deuten kann, und Bild 15, das als horizontaler Schnitt bei konstanter Helligkeit Y zu deuten ist.
Die Farbkoordinaten x, y, die wir eingeführt haben, enthalten in der Wahl der Primärvalenzen eine gewisse Willkür. Diese Willkür hat aber nur geringen Einfluss auf die graphische Darstellung, eine andere Wahl der Primärvalenzen führt auf eine "perspektivische Verzerrung" der Farbtafel, zusammen mit einer Neufestlegung der Einheiten derart, dass die bequeme Berechnung der additiven Farbmischung (Hebel- oder Schwerpunktsgesetz) erhalten bleibt.
Unter einem Gesichtspunkt ist die Normfarbtafel recht unbefriedigend: die Abstände der Farbarten in der Tafel entsprechen nicht den subjektiv empfundenen Farbunterschieden.
Dies ist weiter nicht erstaunlich, da wir ja bis jetzt die Empfindung, sofern sie über das Gleichheitsurteil hinausgeht, völlig ausgeklammert haben. Wenn eine Empfindung, z. B. die der Farbabstände, in die Untersuchung mit einbezogen wird, so geht das über unsere anfängliche Beschränkung hinaus.
Man kann ein Maß für den empfindungsgemäßen Abstand aus der Unterscheidbarkeit benachbarter Farbvalenzen gewinnen, die sich z. B. in der Streuung der Messpunkte bei oft wiederholtem Farbvergleich äußert. Solche Untersuchungen wurden von Mac Adam (1942) durchgeführt. Andere Ansätze stammen von Schrödinger und von Stiles (1946).
Man kann eine andere Schnittebene als die Einheitsebene zur Darstellung der Farbarten verwenden, in der die Abstände in der Farbtafel annähernd den empfundenen Farbunterschieden entsprechen. So kam das 1960 CIE-UCS Diagramm (UCS: Uniform chromaticity scale), auch 1960 CIE u,v-Diagramm genannt, zustande. Die neuen Koordinaten berechnet man aus x und y wie folgt:
und umgekehrt
Der Übergang in das UCS-Diagramm ist eine Transformation von der gleichen Art wie der früher besprochene Wechsel von einem Satz Primärvalenzen zum anderen. Dieses System wurde abgelöst durch das 1976 CIE-L*,u',v' Diagramm. (L* steht für die Helligkeit, auf die wir später genauer eingehen wollen.)
Empfindungsmäßig gleichabständige Farbkörper, bei denen also gleiche Abstände gleichen empfundenen Farbunterschieden entsprechen, sind streng genommen unmöglich. Aber Farbkörper, die diesem Ideal nahekommen, näher als CIE-XYZ (Bild 13) oder CIE-xyY jedenfalls, gibt es glücklicherweise doch.
Bild 15: Die annähernd gleichabständige CIE u'v' Normfarbtafel. Man vergleiche mit dem nächsten Bild! | Bild 16: Die Normfarbtafel wie Bild 10 mit gleicher Helligkeit. |
Die in Bild 15 gezeigte Auftragungsweise erfüllt bei festgehaltener Helligkeit die Forderung schon recht gut. Sollen aber auch die Helligkeitsunterschiede als gleichmäßig gestuft empfunden werden, dann darf als Maß für die Helligkeit nicht Y verwendet werden, denn bei zunehmender Helligkeit erscheinen gleiche Schritte von Y immer kleiner. Das Weber-Fechnersches Gesetz beschreibt diesen Sachverhalt, gilt aber auch nicht streng, da darin die Adaptation auf die Umgebungshelligkeit unberücksichtigt bleibt. Geringe Umgebungs-Helligkeit voraussetzend (wie beim Fernsehen üblich) wurde in einem Vorschlag der CIE von 1976 der Zusammenhang zwischen Y und der empfundenen Helligkeit L* durch ein Potenzgesetz angenähert,
und aus den oben eingeführten Koordinaten u', v' die neuen Koordinaten u*, v* gemäß
berechnet, wobei Yn; u'n, v'n die entsprechenden Koordinaten des Weiß-Bezugspunktes (beim Bildschirm) oder der Lichtquelle sind.
In den so eingeführten 1976 CIE-L*u*v*-Koordinaten kommt der Farbkörper der empfindungsmäßigen Gleichabständigkeit sehr nahe. (Es ist üblich, Y in Prozent anzugeben, dadurch werden dann die Maßzahlen L*, u* und v* hundertmal so groß.) Die Bilder 17 und 18 zeigen den darstellbaren Teil des Farbkörpers in zwei Ansichten jeweils als Stapel von Schichtflächen gleicher Helligkeit.
Bild 17: Durch die drei Primärvalenzen einer Kathodenstrahlröhre darstellbaren Farben im CIE-L*u*v*-Diagramm | Bild 18: Das vorige Bild, sozusagen von hinten gesehen (dunkle Seite des Farbkörpers im CIE-L*u*v*-Raum) |
Eine weitere Parametrisierung des Farbraumes mit etwas einfacheren Umrechnungsformeln wurde im gleichen Jahr vorgeschlagen, 1976
CIE L*a*b* genannt.
Auf der Helligkeitsachse wird L* aufgetragen, in den beiden anderen dazu senkrechten Richtungen die Koordinaten a* ("Rot minus Grün") und b* ("Gelb minus Blau"), die wie folgt berechnet werden:
wobei
und Xn, Yn, Zn die Maßzahlen vom Referenz-Weiß sind.
Die Rücktransformation lautet (für Y/Yn > 0.008856) bei Normierung von L*max = 1
Es ist zu betonen, dass die Vektoraddition zur Berechnung der additiven Farbmischung nur im CIE-XYZ-Raum möglich ist. Aufgrund der nichtlinearen Transformationsformeln gibt es im L*u'v'-, L*u*v*und L*a*b*-Raum keine so einfachen Zusammenhänge.
Wegen der annähernd erreichten empfindungsmäßigen Gleichabständigkeit des CIE L*a*b* Farbraumes kann man den Abstand
als Maß für Farbtoleranzen verwenden.
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