Dietrich ZawischaKontakt English version

Vielstrahlinterferenz, Schiller- und Strukturfarben


Beugung und Interferenz

Wir betrachten zunächst die Beugung an einem einfachen Spalt und an einem Doppelspalt. (Dies wird an anderer Stelle ausführlicher behandelt.) Beim einfachen Spalt weitet sich die Lichtwelle nach dem Durchtritt durch den Spalt auf, und zwar umso breiter, je enger der Spalt ist und je größer die Wellenlänge ist.
Beugung am Spalt. Oben: monochromatisches Licht, unten: weißes Licht.
Für die folgenden Überlegungen setzen wir sehr enge Spalte voraus und betrachten nur die Verhältnisse innerhalb des zentralen Hauptmaximums der Helligkeit. Die dunklen Streifen auf dem Bild links wären bei den folgenden Bildern schon weit außerhalb des gezeigten Ausschnittes.
Beugung am Doppelspalt:
Von links läuft eine ebene Welle auf eine absorbierende Blende mit zwei kleinen Öffnungen (Spalten) zu. Man sieht, wie sich in den rechts auslaufenden Wellen konstruktive und destruktive Interferenz abwechseln. Wenn Sie den Mauszeiger über das Bild führen, beginnt die Animation.
Intensitätsverteilung bei der Beugung am Doppelspalt. Oben wieder für monochromatisches Licht, dieses Bild entspricht ungefähr der Animation im Bild darüber.
Weißes Licht ergibt ein buntes Interferenzmuster (das allerdings bei den meisten experimentellen Anordnungen recht lichtschwach ist und daher nicht so bunt erscheint).
Ein einfaches Experiment für zu Hause: Beugung an einer Doppel-Lochblende. In Aluminium-Haushaltsfolie wurden mit einer Nähnadel zwei kleine Löcher nahe nebeneinander gestochen. Hält man die Folie dicht vors Auge und blickt auf eine weiße, "punktförmige" Lichtquelle, so sieht man Farben, die denen beim Doppelspalt sehr ähnlich sind. Für das nebenstehende Bild wurde die Folie mit den zwei Löchern vor dem Objektiv einer Digitalkamera befestigt und als Lichtquelle diente eine kleine, von einem Halogen-Punktstrahler angestrahlte silberne Christbaumkugel. (Lochdurchmesser ca. 0.07 mm, Abstand von Mitte zu Mitte 0.3 mm.)
Drei Spalte. Fügt man einen dritten Spalt in gleichem Abstand hinzu, so bleiben die Intensitätsmaxima erhalten. Zwischen je zwei Maxima befinden sich jetzt zwei Nullstellen der Intensität und ein schwaches Nebenmaximum.
Das Interferenzbild des weißen Lichtes zeigt noch intensivere Farben.
Sieben Spalte in gleichem Abstand in einer Reihe: Zwischen den Hauptmaxima jetzt sechs Nullstellen und fünf Nebenmaxima.
Die Farben des neben dem gerade durchgehenden direkten Strahl liegenden Beugungsbildes erster Ordnung nähern sich den Spektralfarben. Das kurzwellige (blauviolette) Ende des Bildes dritter Ordnung überlagert das langwellige (rote) Ende des Bildes zweiter Ordnung.
Je mehr Spalte (im folgenden Bild sind es 15), desto schmäler werden die Hauptmaxima und desto größer wird der Helligkeitsunterschied zwischen ihnen und den dazwischenliegenden Nebenmaxima.

Die Skala gibt das Produkt aus Gitterkonstante (= Abstand der Spalte von Mitte zu Mitte) in μm und dem Ablenkungswinkel in Grad an; sie gilt nur für kleine Ablenkungswinkel.
Optische Strichgitter, wie sie für Spektrometer und Spektroskope verwendet werden, entsprechen einer Anordnung von vielen Hunderten von Spalten. Damit die erreichbare hohe Auflösung auch genutzt werden kann, benötigt man zusätzliche optische Elemente: eine Kollimatorlinse, die das Licht von der punkt- oder spaltförmigen Lichtquelle parallel richtet, und ein Fernrohr zur Vergrößerung der Auffächerung des Spektrums.
Eine Reihe von spiegelnden Streifen, zwischen denen jeweils ein nichtspiegelnder Bereich liegt, wirkt in der Reflexion des Lichtes so wie ein transparentes Gitter in der Transmission.

Beispiele

Jeder kennt heute die bunten Farben, in denen sich Lampen oder andere begrenzte Lichtquellen in den CDs spiegeln: Neben dem gewöhnlichen Spiegelbild, das keine Farbaufspaltung zeigt, erscheinen je nach Blickwinkel die Beugungsbilder erster und höherer Ordnung, bei kleinen Lichtquellen in der ersten Ordnung fast reine Spektralfarben.

Unter bestimmten Bedingungen (vor einem dunklen Hintergrund, aber im Gegenlicht) kann man auch Spinnwebfäden in bunten Farben glänzen sehen. Das kann verschiedene Gründe haben. Hier ist die Ursache die anähernd regelmäßige Anordnung der winzigen glitzernden Klebetröpfchen auf den Fäden. Im Bild ist ein Spinnennetz in etwa natürlicher Größe zu sehen. Die geringe Unschärfe ist beabsichtigt.
Auf der Seite Spinnennetze finden Sie noch mehr Bilder und genauere Erklärungen.

Wenn statt einfacher Streifen ein kompliziertes Muster vorliegt, so können durch Interferenz bunte Bilder entstehen. Dies ist bei Hologrammen der Fall. Bekanntestes Beispiel sind wohl die kleinen Hologramme auf den Geldscheinen, die diese fälschungssicherer machen sollen.
Vogelfedern bestehen aus einem Schaft, von dem seitlich Äste abzweigen, von denen wiederum seitlich feine Strahlen abgehen. Diese stehen in den Fahnen so regelmäßig und dicht, dass sie wie Beugungsgitter wirken. Links eine Taubenfeder, die von hinten aus größerem Abstand mit einem (kleinen) Diodenlämpchen beleuchtet wird. Unten ein vergrößerter Ausschnitt: Im linken Bild ist auf die Feder scharf eingestellt, im rechten auf das Lämpchen im Hintergrund.

Schillerfarben

An natürlichen Objekten treten Farben aufgrund von regelmäßig nebeneinander angeordneten reflektierenden oder transparenten Bereichen, die durch matte oder undurchsichtige dazwischenliegende Bereiche getrennt sind, selten auf. Nicht selten sind dagegen Interferenzfarben aufgrund von mehr oder weniger regelmäßig übereinander angeordneten Schichten oder sonstigen Strukturen, die sich im Brechungsindex unterscheiden und daher das Licht reflektieren. Schon einige wenige übereinander angeordnete transparente Schichten führen zu intensiven Farben im reflektierten Licht.

Dünne Schichten und Schichtpakete


Die Farben einer dünnen dielektrischen Schicht im reflektierten Licht vor dunklem Hintergrund. Es sind die gleichen Farben, die wir von Seifenlamellen kennen. Die Skala gibt den optischen Wegunterschied zwischen dem an der Oberseite und dem an der Unterseite reflektierten Strahl in Nanometern (nm) an.


Zwei durchsichtige Schichten übereinander, getrennt durch eine Luftschicht der gleichen optischen Dicke. Die Skala gibt den optischen Abstand von der Oberseite der ersten Schicht zur Oberseite der zweiten Schicht (in Nanometern, nm) an. (Mit optischer Weglänge ist die Weglänge, multipliziert mit dem Brechungsindex des Mediums, gemeint.)


Vier durchsichtige Schichten (mit Brechungsindex 1.55) übereinander, jeweils durch Luftschichten getrennt. Je mehr Schichten, desto schmäler werden die Maxima des reflektierten Lichts und entsprechend satter werden die Farben.


Vier transparente Schichten mit Brechungsindex 1.68, getrennt durch drei Schichten mit n=1.55, auf einer dicken Unterlage mit n=1.55.
Charakteristisch für die Farben von dünnen Schichten und Schichtpaketen ist das Changieren, das Schillern, also die Änderung der Farbe bei Veränderung der Beobachtungsrichtung.

Winkelabhängigkeit von Reflexionsvermögen und Farbe eines Pakets aus 16 Doppelschichten in einer Modellrechnung. Die Brechungsindizes sind 1.45 und 1.6, Periodizitätsintervall 300 nm (optisch).

Wie die oben gezeigten Bilder von Mehrfachschichten berechnet wurden, wird in den im Abschnitt "Computing Colours" zusammengefassten Abhandlungen beschrieben; dort sind auch die Beispieldateien für die Bilder zu finden.

Beispiele

Perlmutt: Die Schalen von Muscheln und Schnecken zeigen auf der Innenseite bisweilen schimmernden farbigen Glanz und werden deshalb gerne auch zur Herstellung von Schmuckstücken verwendet. Besonders farbenprächtig sind die Schalen von Meeresschnecken der Gattung Haliotis, bekannt als Seeohr oder Abalone.
Innenseite der Schale einer Meeresschnecke (Haliotis rufescens Swainson, 1822) unter verschiedenen Beobachtungswinkeln.

Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme der Bruchfläche einer Perlmuttschale. Photo: Fabian Heinemann, Quelle: http://de.wikipedia.org.
Zum Vergrößern auf das Bild klicken.


Berechnete Interferenzfarben für ein Paket aus zweierlei Schichten mit verschiedenem Brechungsindex und verschiedener optischer Dicke. Die Skala gibt die optische Dicke des Periodizitätsintervalls in Nanometern an.
Perlmutt besteht aus schichtenweise angeordneten Aragonitplättchen, zwischen denen sich dünne Lagen aus organischer Substanz (Conchiolin, Chitin) befinden. Diese Wechsellagerung von transparenten Schichten mit verschiedenem Brechungsindex hat zur Folge, dass an jeder Grenzfläche ein Teil des eindringenden Lichts reflektiert wird. Je nach Wellenlänge können sich die reflektierten Wellen verstärken, abschwächen oder auslöschen.
Die Schichten zwischen den Aragonitplättchen sind dünn. Auf einer REM-Aufnahme aus der Literatur (T.L. Tan, D. Wong, and P. Lee: Iridescence of a shell of mollusk Haliotis Glabra. Optics Express 12 (2004), No. 20 p. 4847, (Link) kann man sehen, dass sie bei Haliotis glabra ca. ein Drittel der Dicke der Aragonitplättchen haben oder etwas weniger.
Das Bild oben zeigt die Farben eines Schichtpakets aus 32 Schichten, wobei die Brechungsindizes abwechselnd 1.685 (für Aragonit) und 1.57 (für Chitin) gesetzt und als Verhältnis der optischen Dicken 85:15 gewählt wurde. Die Skala gibt die optische Länge des Periodizitätsintervalls in nm an, das durch die Summe der optischen Dicke von zwei aufeinanderfolgenden Schichten gegeben ist.
Exakte Übereinstimmung mit den beobachteten Farben ist nicht zu erwarten, da diese recht empfindlich von den gewählten Parametern (Brechungsindizes, Verhältnis der Schichtdicken) abhängen. Aber man sieht, dass im Fall von sehr dünnen Schichten kräftige Farben auftreten können, bei Stapeln aus dickeren Schichten (ab 1 μm) fast nur noch Rosa und Blassgrün, wie es bei Perlmutter am häufigsten zu beobachten ist.
Berechnete Winkelabhängigkeit von Reflexionsvermögen und Farbe für 1024 Doppelschichten mit den Parametern des vorigen Bildes, optische Dicke der Doppelschicht 1480 nm.

Schale von Haliotis asinina unter verschiedenen Winkeln betrachtet.


Fleisch: Man kann auch bei Fleisch gelegentlich Schimmern in bunten Farben beobachten, überwiegend grünliche und rötliche Schillerfarben treten auf.
Schinken im Anschnitt. Linkes Bild etwa natürliche Größe, rechtes Bild vergrößert (Bildbreite ca. 2 cm). Die normale Fleischfarbe wird stellenweise durch das Labradorisieren überdeckt.
Quergestreifte Muskeln sind aus Fasern (Fibrillen) aufgebaut; deren unter dem Mikroskop sichtbare Streifung rührt vom Aufbau aus abwechselnden Schichten, die Farbe verschieden stark annehmen, etwas verschiedene Dichte und etwas verschiedene Brechungsindizes haben bzw. sich in der optischen Anisotropie unterscheiden. Das Schimmern ist nur zu sehen, wenn das Fleisch quer zur Richtung der Muskelfasern aufgeschnitten ist. Dann liegen die Flächen der Streifen annähernd parallel zur Oberfläche – wir die Schichten im Perlmutter.
quergestreifter Muskel quergestreifter Muskel-TEM
Mikroskopische Aufnahme quergestreifter Muskelfasern (angefärbt). Die Länge des unten rechts eingezeichneten Balkens beträgt 30 μm.
© 2012 The University of Kansas Medical Center; Autoren: Milton Wolf & Marc Scarbrough. Quelle: The JayDoc HistoWeb
Transmissions-elektronenmikroskopische Aufnahme (TEM) von menschlichem quergestreiftem Muskelgewebe.
Bildbreite: 10 μm. Foto: Louisa Howard,
Quelle: http://commons.wikimedia.org

Die in der elektronenmikroskopischen Aufnahme sichtbaren schwarzen Linien sind die Querchnitte der Z-Scheiben ("Zwischenscheiben"), die die funktionelle Untereinheit des Muskelfadens, das Sarkomer, auf beiden Seiten begrenzen. Der Abstand dieser Scheiben beträgt im Ruhezustand ca. 2–2.5 μm, und in diesem Abstand wiederholen sich im Muskel immer wieder die gleichen Strukturen.

Die Abstände, in denen sich die Brechungsindizes periodisch wiederholen, sind so groß, dass auch hier vorwiegend grünliches und rötliches Schimmern zu erwarten ist, und dies ist tatsächlich der Fall.




Labradorit, ein Feldspat aus der Reihe der Plagioklase (NaAlSi3O8 bis CaAl2Si2O8), ist dunkelgrau-durchscheinend, schillert aber unter bestimmten Beobachtungsrichtungen intensiv, meist blau oder blaugrün. Ursache ist der Aufbau der Kristalle aus dünnen Schichten (Entmischungslamellen, die abwechselnd aus Albit NaAlSi3O8 und Anorthit CaAl2Si2O8 bestehen), die sich durch ihren Brechungsindex ganz wenig unterscheiden. Labradorit besteht aus 50% bis 70% Anorthit und 30% bis 50% Albit, die Dicken der Schichten unterscheiden sich daher nicht sehr. Die schwachen Reflexionen an den einzelnen Grenzflächen überlagern sich für bestimmte Wellenlängen konstruktiv, für andere Wellenlängenbereiche destruktiv; die gesehene Farbe hängt von der Dicke der Lamellen und vom Beobachtungswinkel ab – wie bei den Seifenblasen.

Links ein geschliffenes und poliertes Handstück Labradorit aus Madagaskar, etwa natürliche Größe, rechts ein Cabochon aus weißem Labradorit aus Bihar, Indien ("Regenbogen-Mondstein"), Länge 23 mm.
Links: schematischer Aufbau von Labradorit: regelmäßiger Wechsel von Schichten mit unterschiedlichem Brechungsindex. Rechts: Ergebnis einer Modellrechnung für so ein Schichtpaket aus 1024 Doppelschichten (d1=80 nm, n1=1.518, d2=75 nm, n2=1.588). Deutliche Abhängigkeit der Farbe vom Beobachtungswinkel.

Mondstein, ein Alkalifeldspat aus der Mischungsreihe KAlSi3O8 (Orthoklas, Mikroklin) bis NaAlSi3O8 (Albit) schillert oder schimmert weißlichblau, ebenfalls aufgrund von Entmischungslamellen. Mondstein enthält nur wenig Albit, ist also fast reiner Mikroklin oder Orthoklas.

Ein kleiner Mondstein aus Sri Lanka (Ceylon), als Cabochon geschliffen (Länge ca. 8 mm). Das Schimmern kommt aus dem Inneren und hängt von Beleuchtung und Blickwinkel ab, wie die drei Bilder zeigen; der Farbton ändert sich jedoch nicht merklich, es ist immer ein bläuliches Weiß.

Das bläuliche Schimmern von Mondstein (Adular), die Adulareszenz, dürfte durch sehr dünne Lamellen von Albit zwischen Schichten unregelmäßig wechselnder Dicke von Mikroklin/Orthoklas hervorgerufen werden. In diesem Fall besteht zwischen den von verschiedenen Albit-Lamellen reflektierten Wellen keine feste Phasenbeziehung, die Interferenzen mitteln sich heraus und die Intensitäten der reflektierten Wellen addieren sich.

Lamellen, deren Dicke viel kleiner ist als die Wellenlängen des Lichts, reflektieren kurzwelliges Licht stärker als langwelliges (der Reflexionskoeffizient ist umgekehrt proportional zum Quadrat der Wellenlänge). Bei weißer Beleuchtung ist das reflektierte Licht daher bläulich. Mit zunehmender Dicke der Lamellen wird die Reflexion immer weißlicher, dann gelblich.

Links: Aufbau von Mondstein, schematisch: unregelmäßig angeordnete dünne Lamellen mit etwas abweichendem Brechungsindex. Rechts: Ergebnis einer Modellrechnung. Keine merkliche Abhängigkeit der Farbe vom Beobachtungswinkel.

Dreidimensionale Gitter

Opal ist amorphes, d.h. nichtkristallines, wasserhaltiges Siliziumdioxid. Er ist mehr oder weniger trüb durchscheinend. Edelopal zeigt im Inneren bunte Reflexe. Diese verraten etwas über den Aufbau des Minerals: es besteht aus Kieselgelkügelchen, die Zwischenräume zwischen diesen sind mit Wasser oder stärker wasserhaltiger Kieselsäure ausgefüllt. Wenn diese Kügelchen in der Größe sehr einheitlich sind, dann ordnen sie sich bereichsweise regelmäßig an, so wie die Atome in einem Kristall, siehe die beiden Raster-Elektronenmikroskop-Aufnahmen, die vom Mineral Spectroscopy Server des California Institute of Technology bereitgestellt werden: opal_gem, opal-beads. Licht wird an den Stellen gestreut, die sich durch ihren Brechungsindex von der Umgebung unterscheiden; etwas vereinfachend kann man sagen, dass die in einer Ebene liegenden Streuzentren sich insgesamt wie eine reflektierende Schicht auswirken, und das räumliche Gitter von Streuzentren wirkt so wie ein Paket von solchen schwach reflektierenden Schichten. Die Bedingungen sind so wie bei der Beugung von Röntgenstrahlen an Kristallen, also ebenfalls an einem regelmäßigen Gitter von Streuzentren. Unter bestimmten Winkeln wird Licht bestimmter Wellenlängen maximal reflektiert ("Bragg-Reflexe"). Bei Änderung des Beobachtungswinkels verschiebt sich das Reflexionsmaximum und entsprechend verändert sich die Farbe des Reflexes.

Ein kleines Stück Rohopal aus Äthiopien unter verschiedenen Betrachtungs- und Beleuchtungswinkeln. Bildbreite je 15 mm.

Schraubige Strukturen

Cholesterische Flüssigkristalle bestehen aus fadenförmigen Molekülen, die eine bestimmte Händigkeit aufweisen. Die Moleküle ordnen sich in Schichten parallel zueinander an, von einer Schicht zur nächsten ändert sich aber die Richtung um einen kleinen Winkel. Dies führt zu einer schraubigen Ausrichtung der Schichten. Da die Polarisierbarkeit der langen Moleküle in Längs- und Querrichtung verschieden ist, hat so eine Anordnung eine periodische Änderung des (anisotropen) Brechungsindex zur Folge. Daher verhält sich solch eine Substanz ähnlich wie ein Schichtpaket mit abwechselnden Brechungsindizes.

Probe eines cholesterischen Flüssigkristalls zwischen einer Acrylglasscheibe und einer schwarzen Folie hinten. Solche Objekte konnte man in den 1970er Jahren als Lehrmittel oder Spielzeug kaufen; heute findet man sie kaum mehr. Das Schillern hängt deutlich vom Blickwinkel ab und kann durch Berühren der weichen Rückseite verändert werden.
Im Vergleich mit Schichtpaketen abwechselnder Dichte gibt es jedoch einen bemerkenswerten Unterschied: wenn die Orientierung einer Linksschraube entspricht, dann ist das reflektierte Licht linkszirkular polarisiert und umgekehrt entsprechend. (Wenn sich das elektrische Feld beim Blick auf die entgegenkommende Welle im Uhrzeigersinn dreht, nennt man die Polarisation rechtszirkular, bei Drehung gegen den Uhrzeigersinn linkszirkular.) Eine nicht allzu einfache Rechnung zeigt, dass bei linksschraubiger Ausrichtung der Moleküle einfallendes rechtszirkular polarisiertes Licht nicht reflektiert wird, während linkszirkulares wieder als linkszirkulares Licht reflektiert wird. Bei Reflexion an gewöhnlichen Spiegeln dreht sich die Händigkeit der Zirkularpolarisation um.

Linkes Bild: linkszirkular polarisiertes Licht, rechtes Bild: rechtzirkulares Licht.

Überraschenderweise ist nicht eines der beiden Bilder ganz schwarz, sondern im linken Bild nur ein Teil der Fläche, dort ist der Flüssigkeitsfilm sehr dünn. Im unteren Bereich, wo die Schicht dicker ist, wird auch linkszirkulares Licht reflektiert.

Rechts eine Aufnahme durchs Mikroskop. Die Bildbreite beträgt 1 mm. Man sieht, dass die Flüssigkeit nicht gleichmäßig geschichtet ist, sondern jeweils nur über einen kleinen Bereich die Orientierung beibehält, was ihr ein körniges, glitzerndes Aussehen verleiht.

Licht, das in der Tiefe reflektiert wurde und zunächst rechtszirkular polarisiert ist, verändert seine Polarisation auf dem Weg durch die darüberliegenden und zufällig orientierten Bereiche, so dass insgesamt schließlich der rechtszirkulare Anteil zwar überwiegt, aber nicht hundert Prozent ausmacht. Nur dort, wo der Flüssigkristallfilm sehr dünn ist, ist die Schichtung einheitlich parallel zur Grenzfläche.

Schillern

Als Schillern bezeichnet man die Abhängigkeit der Farbe vom Beobachtungswinkel. Diese Abhängigkeit ist für Schichtpakete mit wechselndem Brechungsindex und für die zuletzt besprochenen schraubigen Strukturen ähnlich. Für diese lässt sie sich besonders einfach demonstrieren.
Zunächst eine Vorbemerkung. Man kann das Schillern aufgrund von Strukturen im Volumen vom Glanz der Oberfläche unterscheiden, wenn die Strukturen nicht exakt parallel zur Oberfläche ausgerichtet sind. Dort, wo sich ein dunkler Gegenstand in der Oberfläche spiegelt, sieht man fast nur das aus dem Inneren remittierte Licht (Bild rechts). Die folgenden Bilder wurden alle so aufgenommen, dass die hellen Reflexe vermieden wurden. space fidget

Flüssigkristall-Probe unter verschiedenen Beobachtungswinkeln.

Reflexionsvermögen und Farbe eines cholesterischen Flüssigkristalls in einer Modellrechnung mit den Parametern nparallel  = 1.60, nsenkrecht = 1.45, Absorptionskoeffizient κ = 0.002, Ganghöhe der Schraube H = 393.44 nm (das entspricht der optischen Weglänge von 600 nm, also einem optischen Periodizitätsintervall von 300 nm), Dicke der Schicht D = 4 μm.

Strukturfarben im Tierreich

Farben, die nicht durch Farbstoffe oder Pigmente, sondern durch besondere Strukturen hervorgerufen werden, sind bei Insekten und Vögeln häufig. Viele Beispiele sind in dem entsprechenden Abschnitt des Kapitels über Farben von Pflanzen und Tieren zu sehen.

Die Strukturen

Schmetterlingsflügel sind mit mikroskopisch kleinen, dachziegelartigen Schuppen besetzt. Weiße, gelbe, orange, rote, braune, graue und schwarze Farbe dieser Schüppchen kann durch eingelagerte Pigmente entstehen; grüne Pigmente sind jedoch selten, blaue sehr selten. Blau und Grün auf Schmetterlingsflügeln sind meistens Strukturfarben, auch die anderen Farben können als Strukturfarben auftreten.

Das Bild rechts zeigt pigmentierte und unpigmentierte Schuppen am Flügelrand vom Kleinen Fuchs, Aglais urticae. Die Bildbreite beträgt 0.8 mm.


Die Schuppen mehrerer Schmetterlingsarten wurden elektronenmikroskopisch untersucht, und Ergebnisse sind auch im Internet zu finden; hier ein Link zu einer Untersuchung von R.O. Prum et al.(2006): free download (englisch).

Verhältnismäßig einfach aufgebaut sind die Schillerschuppen bei den prachtvollen, tagaktiven Nachtfaltern der Gattung Urania.


Querschnitt durch eine Schillerschuppe von Urania sp. (Quelle: Seiten der School of Physics der Universität Exeter).
Vier transparente Chitinschichten, getrennt durch Luftschichten; das entspricht recht gut den Modellrechnungen, die dem oben gezeigten Bildchen zugrunde liegen.
Urania riphaeus aus Madagaskar. (Quelle: FAAXAAL, rechtefreie Bilder für das Internet. Foto: Kriss de Niort)

Die Gattung Morpho ist wegen der prächtigen blauen Farben die wohl am genauesten untersuchte. Deren Schillerschuppen tragen auf der Oberseite parallele Leisten. Das Elektronenmikroskop offenbart als Ursache der Farbe den besonderen Aufbau dieser Leisten, die im Bild unten rechts im Querschnitt zu sehen sind.



Morpho rhetenor cacica aus Südamerika. Exponat aus dem Insektenmuseum in Wunstorf/Steinhude. Die Spannweite dieses Falters beträgt ca. 15 cm. Teil eines Querschnittes durch eine Schillerschuppe von Morpho aega. Elektronenmikroskopische Aufnahme: W. Lippert. (Aus: Karl Gentil, Interferenzfarben ... , Zeiss Informationen 49, S. 80–81, um 1966)

Das Bild oben rechts zeigt eine ältere Aufnahme. Man muss berücksichtigen, dass die Strukturen bei der Herstellung des Präparates möglicherweise etwas deformiert wurden. Inzwischen findet man aber im Internet noch mehr Aufnahmen dieser Art, z.B. auf den Seiten der School of Physics der Universität Exeter.
Jede der Leisten auf der Schillerschuppe besteht aus einer regelmäßigen Anordnung von schmalen, durchsichtigen Chitinbändern. Insgesamt ergibt sich so ein räumliches Gitter von reflektierenden Oberflächen, und die Überlegungen sind dieselben, die bei der Besprechung von Opal angedeutet wurden. Eine etwas tiefer gehende Diskussion (in englischer Sprache) mit einer großartigen REM-Aufnahme finden Sie hier.

Aber die Schuppen unserer heimischen Schmetterlinge sind nicht weniger interessant. Bemerkenswert ist, dass die meisten Strukturfarben der Schmetterlinge nicht schillern, also aus allen Richtungen fast gleich aussehen. Wie das Changieren unterdrückt wird, wurde erst bei einigen wenigen Arten untersucht, darunter der Bläuling Celastrina argiolus und der Grüne Zipfelfalter Callophrys rubi (Poladian et al. 2008).

Reflexionsvermögen und Farbe von vier Chitinschichtem, getrennt durch drei Luftschichtem. Optische Dicke jeder Schicht (Chitin oder Luft) D = 127.5 nm. In Anbetracht der starken Abhängigkeit der Farbe vom Blickwinkel kann man nur darüber staunen, wie die Evolution es fertiggebracht hat, Strukturfarben fast ohne Schillern entstehen zu lassen.
 

Die Bläulinge erzeugen ihr Blau ebenfalls durch Mehrfachschichten – aber die einzelnen Schichten sind unregelmäßig löchrig, und die Oberfläche ist nicht glatt. Dies verringert die Abhängigkeit der gesehenen Farbe vom Blickwinkel.

Rechts: Faulbaumbläuling Celastrina argiolus

Celastrina argiolus
Callophrys rubi Die Schuppen des grünen Zipfelfalters Callophrys rubi enthalten sehr regelmäßige räumliche Gitterstrukturen, siehe Michielsen et al. 2007, die Bilder 5–7, funktionieren also "opalähnlich". Diese Raumgitter sind auf jeder Schillerschuppe in vielen, nur wenige μm großen Bereichen verschieden orientiert, wieder mit dem Erfolg, dass die Farbe aus allen Richtungen fast gleich aussieht.

Hier noch Links zu Seiten aus der schon genannten Arbeit von Prum et al. (2006) mit TEM-Aufnahmen Fig. 4, Fig. 5. (Zu Bild 5 D: Celastrina ladon wird vielfach als Unterart von C. argiolus angesehen.)


Bei Käfern können verschiedent Mechanismen zur Erzeugung von Strukturfarben gefunden werden. Ähnlich wie bei den Schmetterlingen wurden auch bei den Käfern bisher bevorzugt die großen tropischen untersucht.

Bei den Prachtkäfern der Art Chrysochroa raja haben Noyes et al. (2007) Vielschicht-Strukturen mit alternierendem Brechungsindex gefunden, vermessen und mit Modellrechnungen verglichen. Die Abhängigkeit der Farbe vom Blickwinkel ist bei diesen und anderen Prachtkäfern deutlich.


Links: Prachtkäfer Belionota sp. aus Nias/Indonesien, ca. 2.6 cm lang, Rechts: Prachtkäfer Megaloxantha nishiyamai aus Mindoro/Philippinen, ca. 6.5 cm lang, Exponate aus dem Insektenmuseum in Wunstorf/Steinhude.

Bei Plateumaris sericea (Schwertlilien-Schilfkäfer), der in verschiedenen Farben vorkommt, zeigte eine elektronenmikroskopische Untersuchung eine einfache Schichtfolge an der Oberfläche, drei Schichten mit höherem Brechungsindex, dazwischen etwas dickere Schichten mit geringerer Lichtbrechung; Schichtdicken im konkreten Fall etwa zwischen 50 und 120 nm (Hariyama et al. 2002).

Auch bei den beiden folgenden Beispielen kann man mit einiger Sicherheit denselben Mechanismus der Farberzeugung voraussetzen, unbekannt ist nur, wieviele Schichten jeweils vorhanden sind.


Prächtiger Blattkäfer
Chrysolina fastuosa

Seidiger Fallkäfer
Cryptocephalus sericeus
Bei Chrysolina fastuosa variieren die Schichtdicken, so dass der Käfer in allen Farben schillert. Die Abhängigkeit der Farben vom Blickwinkel fällt dadurch nicht auf. Bei Cryptocephalus sericeus hingegen ist diese Abhängigkeit deutlich zu sehen.

Bei vielen Käfern aus der Familie der Scarabaeidae (Blatthornkäfer), z.B. beim Rosenkäfer (Bild rechts), wird die Farbe nicht durch übereinander liegende Schichten mit wechselndem Brechungsindex hervorgerufen, sondern durch schraubige Anordnung der Moleküle in den obersten Chitinschichten. Innerhalb einer Schicht sind die länglichen Moleküle parallel zueinander und zur Schichtfläche ausgerichtet. Von einer Schicht zur nächsten ändert sich die Richtung der Moleküle jeweils um einen kleinen Winkel, ähnlich wie die Stufen bei einer Wendeltreppe. (Bei cholesterischen flüssigen Kristallen stellt sich eine solche Anordnung auch ein, was die Flüssigkeit schillern lässt, siehe weiter oben.)
Rosenkäfer Cetonia aurata L.

Wenn die Anordnung "linksschraubig" ist (bei einer linksschraubigen Wendeltreppe geht man aufwärts links von der Achse), dann ist das reflektierte Licht linkszirkular polarisiert. Durch Untersuchung der Polarisation der reflektierten Lichtes lässt sich daher feststellen, ob der "metallische" Glanz auf der schraubigen Anordnung der Moleküle beruht.

Cetonia aurata Cetonia aurata

Cetonia aurata, fotografiert durch Zirkular-Polarisationsfilter (aus einer Brille für 3-D-Filme). Im linken Bild wurde linkszirkulares Licht durchgelassen, rechtszirkulares blockiert; der schillernde Glanz ist etwas verstärkt zu sehen. Im rechtszirkular polarisierten Licht (rechtes Bild) ist davon keine Spur, der Käfer erscheint schwarz mit glänzender Oberfläche.

Hier noch zwei entsprechende Aufnahmen eines Rosenkäfers der Art Protaetia cuprea (= Protaetia metallica).

Bemerkenswert ist, dass sich bei diesem Käfer die Farbe mit dem Blickwinkel kaum merklich verändert. Dies wird vermutlich dadurch erreicht, dass die Oberfläche nicht glatt, sondern mikroskopisch fein gerunzelt, gekörnelt oder mit Grübchen versehen ist. REM-Aufnahmen wären interessant.

Protaetia cuprea, flower chafer Protaetia cuprea, flower chafer

Bei Käfern der Gattung Plusiotis/Chrysina aus Südamerika wurde die schraubige Struktur der Cuticula zuerst entdeckt und sie wurden seitdem auch bevorzugt untersucht. Jewell et al. (2007) haben bei Plusiotis boucardi eine Grübchenstruktur der Elytren gefunden, Sharma et al. (2009) dasselbe bei Chrysina gloriosa (Synonym Plusiotis gloriosa).


"The fact that these jewel beetles reflect circular polarization was identified in the early 1900s by a Nobel Prize-winning physicist, A.A. Michelson, who hypothesized that the circular polarization might result from a 'screw structure' within the insect's cuticle, but he did not elaborate on it further."
(Dass diese prächtigen Käfer zirkular polarisiertes Licht reflektieren, wurde im frühen 20. Jahrhundert von dem Physik-Nobelpreisträger A.A. Michelson festgestellt, der die Hypothese einer schraubigen Struktur in der Cuticula des Insekts als Erklärung vorschlug, ohne aber weiter darauf einzugehen.)
(aus Sharma et al. (2009): "Structural Origin of Circularly Polarized Iridescence in Jeweled Beetles", siehe auch den Report.)

In den schimmernden Schuppen von Rüsselkäfern wurden als Mechanismus zur Erzeugung von Farbe dreidimensionale, dem Opal ähnliche Strukturen gefunden, die allerdings winzig sind und scheinbar ungeordnet in den Schüppchen liegen. Je nach Beleuchtung zeigt jede der Schuppen (verbreiterte Härchen) mehrere Reflexe in verschiedenen Farben. Es ist die gleiche Strategie zur Unterdrückung des Changierens wie beim Grünen Zipfelfalter C. rubi, siehe weiter oben.


Der Rüsselkäfer Phyllobius pomaceus Gyllenhal (Brennessel-Grünrüssler, Länge ohne Fühler 9 mm). Flügeldecke von Phyllobius pomaceus unter dem Mikroskop. Die Breite des Bildausschnittes beträgt 0.5 mm (Anklicken zum Vergrößern).
Ein tot aufgefundenes Exemplar von Polydrusus sp. (Länge 6 mm) unter dem Mikroskop. Flügeldecke bei stärkerer Vergrößerung. Die Breite des Bildausschnittes beträgt 0.5 mm.

Ein schönes Bild eines exotischen Rüsselkäfers ist hier zu finden.

Alle bekannten Arten, wie Käfer Schillerfarben erzeugen, werden in dem folgenden Übersichtsartikel behandelt: Ainsley E. Seago et al., "Gold bugs and beyond: a review of iridescence and structural colour mechanisms in beetles (Coleoptera)", Zusammenfassung mit einem Link zum freien Herunterladen des ganzen Textes.



Vögel:

Pfauenfedern wurden als erste und bisher am häufigsten untersucht.

      
Links: Das "Auge" einer Pfauenfeder. Wenn man den Mauszeiger über das Bild führt, sieht man es unter einem anderen Winkel.  
Rechts: Grün glänzende Strahlen (Fiederchen) an den Federästen; Bildbreite ca. 1 cm. Die Strahlen sind flach und gekrümmt und zeigen an der Oberfläche eine Skulptur aus regelmäßig angeordneten seichten Dellen. (Das Bild durch Anklicken vergrößern!)
Die Ursache der Farbe erschließt erst das Elektronenmikroskop:

In der Außenhaut der Fiederchen liegen unter einer dünnen Keratinschicht mehrere Lagen von Melaninstäbchen, die parallel zur Oberfläche ausgerichtet und durch Keratin verbunden sind. Im Querschnitt zeigt sich, dass die Stäbchen in Form eines regelmäßigen quadratischen Gitters angeordnet sind, mit Hohlräumen zwischen je vier Stäbchen (Durrer 1962*, Zi et al. 2003).


Links: Querschnitt durch die Außenhaut eines grünen Fiederchens. Die Hohlräume zwischen den Stäbchen sind dunkel. Rechts: Längsschnitt parallel zur Oberfläche.
Rasterelektronenmikroskopische Aufnahmen aus: Jian Zi, Xindi Yu, Yizhou Li, Xinhua Hu, Chun Xu, Xingjun Wang, Xiaohan Liu, and Rongtang Fu, Coloration strategies in peacock feathers (2003), PNAS. 100:12576-12578. Copyright © 2003 National Academy of Sciences, USA; Wiedergabe mit Erlaubnis.

Die Wirkung ist ähnlich wie die eines Stapels aus Schichten mit wechselndem Brechungsindex, so wie oben am Beispiel des Opals besprochen. Die verschiedenen Farben entstehen durch verschieden große Abstände von Stäbchenmitte zu Stäbchenmitte (Gitterkonstante).

Enten und Fasane

Die schwarzen Federn am Kopf des Stockenten-Erpels (Anas platyrhynchos) schillern grün, unter größerem Winkel zwischen Beleuchtung und Beobachtung blau.

In den Fiederchen schillernder Federn von verschiedenen Entenarten wurden ebenfalls Lagen von Melaninstäbchen in der Keratinmatrix gefunden, die aber im Querschnitt ein hexagonales "Bienenwaben ähnliches" Gitter bilden (Rutschke 1966)*, desgleichen bei den Fasanen.

Kolibris erzeugen ihre brillanten Farben durch Mehrfachschichten. Die einzelnen Lagen bestehen aus nebeneinanderliegenden länglichen, durch Keratin verkitteten Melaninplättchen mit großen Hohlräumen im Inneren, so dass sich eine Wechsellagerung von Melanin, Luft, Melanin, Luft ... ergibt (ein link).


Kolibri Colibri thalassinus
Foto: Mdf, Quelle: Wikimedia Commons,
Lizenz CC-BY-SA-3.0

Kolibri Calypte costae
Foto: Jon Sullivan,
Quelle: PDPhoto.org (Bild)

Bei den Trogoniden (farbenprächtige tropische und neotropische Vögel, zu denen auch der Quetzalvogel gehört) wurden ebenfalls luftgefüllte Melaninplättchen gefunden, auch luftgefüllte Melaninröhrchen. (Ein Überblick über die verschiedenen Untersuchungsergebnisse findet sich bei Kinoshita 2008*.)



Kriechtiere

Die grüne Farbe von Reptilien entsteht durch eine Kombination von Struktur- und Pigmentfarben. Spezielle Zellen, Guanophoren, enthalten Guanin-Nanokristalle im Zytoplasma suspendiert. Bei unregelmäßiger Anordnung erfolgt bevorzugt Streuung kurzwelligen Lichtes ähnlich wie beim Tyndall-Effekt; eine darüberliegende gelb gefärbte Schicht absorbiert den kurzwelligen ("blauen") Anteil fast vollständig, so dass im Ergebnis die mittleren, grün gesehenen Wellenlängen überwiegen. Bei regelmäßiger Anordnung der Guanin-Kristalle nennt man die Zellen Iridophoren, es ergeben sich Strukturfarben wie bei Schichtpaketen oder Opal.

Chamäleon
Chamäleon auf Madagaskar
(Foto: Brocken Inaglory ),
Quelle, Lizenz CC BY-SA 1.0
Chamäleons können die Farbe wechseln. Dies kann dadurch geschehen, dass in den unter der Oberhaut liegenden Farbzellen (Chromatophoren) die Pigmentkörnchen ausgebreitet oder zu Klümpchen zusammengezogen werden können; eventuell können sich auch die Zellen selbst verformen und gegeneinander verschoben werden. Aber es gibt eine weitere Möglichkeit, die erst 2015 beschrieben wurde.

Teyssier, J. et al. (2015) untersuchten das Chamäleon Furcifer pardalis aus Madagaskar. Sie fanden Iridophoren, in denen die Guaninkristalle ein regelmäßiges, kubisch-flächenzentriertes Gitter bilden (wie in der kubisch dichtesten Kugelpackung, aber die Kristalle berühren sich nicht). Der Farbwechsel geschieht, indem durch Veränderung des osmotischen Druckes die Iridophoren aufquellen oder schrumpfen, so dass sich die Abstände zwischen den Kriställchen ändern.



Farbwechsel bei zwei Männchen von Furcifer pardalis. Links in Ruhe, rechts in Erregung wegen der Nähe eines Rivalen. Abbildung aus doi:10.1038/ncomms7368, Lizenz CC BY 4.0.

Photonische Kristalle

In einer, zwei oder drei Richtungen periodische Anordnungen von lichtbrechenden Elementen in einer Matrix nennt man heute photonische Kristalle. (Für die Lichtwellen=Photonen ergeben sich in den periodischen Strukturen ähnliche "Bänderstrukturen" wie für Materiewellen=Elektronen im Kristall, daher der Name.)

Eindimensionale Anordnungen in Form von auf Glas aufgedampften dielektrischen Schichten finden als dielektrische, hochreflektierende Spiegel und als Farbfilter technische Verwendung. Wir betrachten zwei Beispiele:

Zwei Stapel von je acht Doppelschichten bestehend aus Lagen mit großem und mit kleinem Brechungsindex auf einer Unterlage mit n=1.55. Im linken Bild sind die Indizes 1.68 und 1.55, so wie man sie in den Deckflügeln schillernder Käfer findet, siehe Noyes et al. (2007), auf der rechten Seite sind die Indizes 2.3 und 1.38, das entspricht den Substanzen TiO2 und MgF2, die man bei der Herstellung dielektrischer Spiegel verwendet.
Das Reflexionsvermögen der beschriebenen Schichtpakete, berechnet mit der Transfer-Matrix-Methode für die optische Dicke der Doppelschichten von 265 nm.

Zwei- und dreidimensionale photonische Kristalle sind ein Forschungsgebiet der Nanotechnologie und werden vielleicht bald ihre Anwendung in der Technik finden; die Evolution hat jedoch bei Vogelfedern und Schmetterlingsflügeln schon wunderschöne Beispiele hervorgebracht.



Beugung oder Interferenz?

Verschiedene Arten von Farberscheinungen wurden hier besprochen. Beugung an regelmäßigen, gitterartigen Oberflächenstrukturen und Interferenz der an übereinanderliegenden transparenten Schichten oder dreidimensionalen Strukturen reflektierten Lichtwellen. Die erzeugenden Strukturen sind submikroskopisch – wie kann man sie unterscheiden?
Das Bild rechts zeigt die Perlmutt-Schale einer Meeresschnecke neben einem in einen Gelatinefilm eingeprägten Beugungsgitter mit 13400 Linien pro Zoll, also ca. 528 Linien/mm, im Licht einer Glühlampe.

Vergleichen wir einmal zwei von den gezeigten Beispielen.
Zuerst das Hologramm auf dem 50-Euro-Schein. Ein Hologramm kann man als kompliziertes Beugungsgitter deuten. Man beachte, wie stark die gesehene Farbe vom Beobachtungswinkel abhängt.

Die Veränderung des Beobachtungswinkels in der Reihe ist so klein,dass man die perspektivische Verzerrung der Figur kaum bemerkt. Selbst, wenn wir nicht wüssten, dass es ein Hologramm ist, könnten wir daraus schon schließen, dass Beugung an einer Oberflächenstruktur die Ursache der Farben ist.
In diesem Fall kann man außerdem (fast) immer die direkte Reflexion des Lichts beobachten, bei der keine Farben auftreten. Farben sieht man, wenn man der spiegelnden Reflexion ausweicht. Bei diffuser Beleuchtung an einem trüben Tag sieht man keine oder höchstens ganz schwache Farben.

Das zweite Beispiel ist die Perlmutterschale vom Seeohr. Wieder verändern sich die Farben mit dem Beobachtungswinkel, aber hier hat eine deutliche Änderung des Winkels nur eine geringe Änderung der Farbe zur Folge.

Innenseite der Schale einer Meeresschnecke der Gattung Haliotis. Der Beobachtungswinkel unterscheidet sich bei den beiden Bildern um 50° und die Farbe verändert sich gerade mal von Grün nach Blau.
Offensichtlich trägt Beugung hier nicht merklich zum Schillern bei, sonst würden sich die Farben viel stärker mit dem Blickwinkel ändern.
Außerdem: um Beugungseffekte zu sehen, braucht man eine Lichtquelle mit geringer Winkelausdehnung. Bei diffuser Beleuchtung vom bedeckten Himmel sind an dem Beugungsgitter keine Farben zu sehen, während die Perlmuttschale in zartem Rosa und grün schimmert.



Literatur und Quellenangaben

Heinz Durrer: Schillerfarben beim Pfau (Pavo cristatus L.): eine elektronenmikroskopische Untersuchung. Arbeiten aus der zoologischen Anstalt Basel, 21 Seiten, 1962
Shuichi Kinoshita: Structural Colors in the Realm of Nature. World Scientific 2008, ISBN-13 978-981-270-783-3
E. Rutschke (1966): Die submikroskopische Struktur der Federn von schillernden Entenvögeln. Z. Zellforsch. 73, 432–443
J. Teyssier, S.V. Saenko, D. van der Marel & M.C. Milinkovitch: Photonic crystals cause active colour change in chameleons. Nat. Commun. 6:6368 doi:10.1038/ncomms7368 (2015)


Zurück zur Übersicht: Wie kommt Farbe zustande?




Valid HTML 4.01 Transitional CSS ist valide!